B/Es-Umschaltfanfare
Die B/Es-Umschaltfanfare ist heute die am meisten eingesetzte Fanfare in den verbliebenen Fanfarenzügen. Entwickelt wurde sie Anfang der 70er Jahre durch Gerhard Müller und Bernd Schenke.
Ursache waren zunehmende Missstände in den Fanfarenzügen des DTSB. Dort waren bis dahin einheitlich lange Es-Fanfaren im Einsatz. Um mit den Spielmannszügen gemeinsam musizieren zu können, wurden die Züge zusätzlich mit Signalhörnern in B ausgerüstet. Allerdings wurden diese Signalhörner zunehmend zur Mangelware, so dass das gemeinsame Spiel zu Großveranstaltungen in Frage gestellt wurde. Ebenso war es unhandlich, wenn die Bläser zwischen den beiden Instrumenten wechseln mussten. Der in dieser Zeit aufkommenden Wunsch der Fanfarenzüge, Choreografien und Musikschauen zu laufen, war mit den langen Es-Fanfare nur eingeschränkte möglich. Für Kinder war die lange Bauform seit langem ein Problem.
Die Neuentwicklung hat eine wesentlich kompaktere Bauform. Über ein drehbares Umschaltventil kann zwischen den beiden Tonarten während des Spiels gewechselt werden. Die ersten Exemplare stammten aus einem Werk in der damalagigen Tschechoslowakei. Hergestellt wurde sie dann später vom VEB Blechblas- und Signalinstrumentenfabrik Markneukirchen/Vogtland. Dort wurde sie auch im Detail verbessert. So wurden erst später Wasserklappen zum Entfernen von Kondenswasser ergänzt.
Während sich Gerhard Müller um die technisch-musikalisch Seite kümmerte, sicherte Bernd Schenke mit dem Materiallager des DTSB in Leipzig die praktische Umsetzung und Finanzierung. Der Preis lag im Jahr 1972 bei 60 DDR-Mark.
Im Rahmen der X. Weltfestspiele 1973 in Berlin, hielt die heute weitverbreitete B/Es-Umschaltfanfare erstmals Einzug in die Fanfarenzüge des DTSB der DDR und löste dort die traditionelle Es-Fanfare ab (auserwähle besonders leistungsstarke Züge bekamen sie schon ca. ein Jahr eher). Diese neue Fanfare erweiterte das bisher bekannte Klangbild und eröffnete den Fanfarenzügen neue Möglichkeiten durch reine B-Märsche und kombinierte B/Es-Titel. Die Fanfarenzüge, die nicht dem DTSB angeschlossen waren bzw. dem Zentralen Musikkorps der FDJ angehörten (etwa Arbeitsgemeinschaften an Schulen), waren allein aus Kostengründen von dieser Entwicklung kaum betroffen und verwendeten bis zur Deutschen Wiedervereinigung weiterhin ihre alten Instrumente. Die wenigen dieser Züge, die es schafften zu überleben, wechselten dann in den Nachwendejahren häufig dennoch zur Umschaltfanfare. Trotzdem sind ein paar wenige ehemalige FDJ-Fanfarenzüge bekannt, die bis heute die Es-Fanfare behielten (etwa der Fanfarenzug Großjena e.V.).
Die aus der Not geborene Idee trat sofort einen ungeahnten Siegeszug an, modernisierte die Fanfarenzüge, veränderte die bisherige Fanfarenmusik grundlegend und eröffnete die Möglichkeit, Musikshows zu laufen, mit der Fanfarenzüge heute zur Weltspitze zählen. Die B/Es-Umschaltfanfare gehört aktuell zur meist eingesetzten Fanfare in den neuen Bundesländern und hat schon Anfang der 90er Jahre Liebhaber in den alten Bundesländern gefunden.
Verschiedene Anbieter produzieren heute unterschiedliche Ausführungen des Instruments. Die B/Es-Umschaltfanfare ist die derzeit am häufigsten produzierte Fanfare in Deutschland und wird mittlerweile auch in anderen Ländern Europas gespielt.
