Der Tambour/Ausgabe 1968 03
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1. Jahrgang, Ausgabe März 1968
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Seite 1
Zum 20. Jahrestag unserer Republik: Gesund und leistungsfähig, lebensfroh und optimistisch für Frieden und Sozialismus!
Alle treiben Sport!
LEIPZIG erwartet die Spielleute
Von Alfred Heil, Vizepräsident des DTSB
Die bisherigen Turn- und Sportfeste der DDR waren nicht nur Höhepunkte in unserem sportlichen und kulturellen Leben, sie dienten vor allem auch der Weiterentwicklung des Volks- und Leistungssportes, sie setzten darüber hinaus neue Maßstäbe für die Gesamtentwicklung der sozialistischen Körperkultur in unserer Republik.
Dem nächsten Nationalfest der sozialistischen Körperkultur, das vom 24. bis 27. Juli 1969 in der Turnfeststadt Leipzig stattfindet, liegen die großen Ideen und wegweisenden Beschlüsse des VII. Parteitages der SED zur Vollendung des Sozialismus zugrunde.
Fortsetzung auf Seite 2
»der tambour« sucht Veteranen
Die Redaktion „der tambour“ bittet alle Sportfreunde, die Veteranen der Spielleutebewegung kennen oder im eigenen Zug Spielleute wissen, die schon seit mehr als 40 Jahren als Spielmannn tätig sind, sich mit der Redaktion in Verbindung zu setzen. Wir meinen, daß diesen Sportlern in unserer Zeitung einige Worte des Dankes und der Anerkennung für ihre geleistete Arbeit zukommen sollten.
Eine recht nette Überraschung bereiteten die Spielleute der BSG Stahl Brandenburg am Internationalen Frauentag ihren eigenen Frauen.
Sie hatten ihre „besseren Hälften“ eingeladen, um ihnen für ihr dauerndes Verständnis, das sie der Tatigkeit der Brandenburger Spielleute entgegenbringen, mit ein paar netten gemeinsam verlebten Stunden zu danken, „denn die Brandenburger Frauen sehen in der Spielleutebewegung mehr als nur die sportliche Seite“, schreibt uns Sportfreund Ulrich in seinem Brief.
Sportler als Kämpfer
In der heutigen Ausgabe, die als Sondernummer in Vorbereitung des V. Deutschen Turn- und Sportfestes erscheint, beginnen wir mit der Veröffentlichung von Erlebnisberichten alter Spielleute aus der Zeit des Arbeitersportes im Kampf gegen Faschismus und Krieg. Wir werden diese Form der Popularisierung in der Septemberausgabe fortsetzen. Lesen Sie ab Seite 6.
Seite 2
Zechlin war mehr als nur ein Trainingslager
Wie wir bereits in unserer Februarausgabe berichteten, verbrachten über 120 Berliner Mädchen und Jungen ihre diesjährigen Winterferien in zwei Durchgängen in Zechlin.
Ein gut vorbereiteter Ausbildungs- und entsprechend abgestimmter Freizeitplan sorgten bei ausgezeichneter Verpflegung und vielen Abwechslungen neben der täglichen Trainingsarbeit für eine gute Erholung.
Wenn auch die Ausbildung an den jeweiligen Instrumenten und das gemeinsame Spielen eines Marsches den Hauptinhalt bildeten, so kann nach der Rückkehr der Kinder auch von anderen guten Ergebnissen berichtet werden.
Im Rahmen eines Vietnam-Basars erreichten die Kinder durch allerlei Bastelarbeiten und Spenden einen Betrag von 240 Mark für die Kinder Vietnams. Am großen Schießwettbewerb „Trommelscheibe“ wurde ebenso teilgenommen wie selbstverständlich am Lagerfasching.
Auch die Pflege der Traditionen der deutschen Arbeiterklasse nahm einen nicht unbedeutenden Platz ein. Gespräche über das Leben und Wirken führender Repräsentanten unseres Staates und eine Kranzdelegation an Gedenkstätten vermittelten den Jüngsten einen tiefen Einblick in das Schaffen bekannter Widerstandskämpfer.
Na, und das am Ende des Winterlagers der Marsch „Turner, auf zum Streite“ beherrscht wurde, versteht sich wohl von selbst.
400,- Mark für den Sieger
Unser großer Wettbewerb zum V. Deutschen Turn- und Sportfest läuft nun schon fast einen Monat. Der Redaktion gehen aus allen Teilen der Republik Zuschriften zu, in denen sich Gemeinschaften für diesen Wettbewerb aussprechen, ihre Zielstellungen mitteilen und gleichzeitig allen beteiligten Zügen beste Erfolge wünschen.
Bis zur ersten Auswertung im September ist noch etwas Zeit, doch wir möchten heute die festgelegten Preise veröffentlichen.
Wie bekannt, wird der Wettbewerb in zwei Gruppen geführt. Auf Grund der zahlenmäßigen Größe der Gruppe 1 (Spielmannszüge) liegt hier selbstverständlich der Wert etwas höher.
Die jeweiligen Etappensieger jeder Gruppe erhalten einen Wimpel und eine Urkunde, die in ihrem Besitz verbleiben (das gilt für alle 3 Etappen). Zur Endauswertung (Addition der drei Etappenergebnisse) werden folgende Preise vergeben:
- Gruppe 1
- Sieger 1 Wimpel, 1 Urkunde und 400 M
- Zweiter 1 Urkunde und 250 M
- Dritter 1 Urkunde und 100 M
- Gruppe 2
- Sieger 1 Wimpel, 1 Urkunde und 130 M
- Zweiter 1 Urkunde und 80 M
- Dritter 1 Urkunde und 40 M
republik-rundschau
EINE MUSIKPARADE, die im Rahmen der DDR-Bestenermittlung der Fanfarenzüge am 13. Oktober in Neustadt/Orla stattfinden soll, wird gegenwärtig von den Gastgebern vorbereitet.
15JÄHRIGES JUBILÄUM feiert am 26. Mai 1968 der Spielmannszug der BSG Motor Köthen (Bez. Halle). Die Bezirksmeisterschaften der Bezirke Halle und Magdeburg werden aus diesem Anlaß nicht am 16. Juni in Halle, sondern am 26. Mai 1968 in Köthen veranstaltet.
VERÄNDERT hat sich auch der Austragungsort der Bezirksmeisterschaften für die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl. Nicht Weimar-Buchenwald, sondern Gotha (Bez. Erfurt) erlebt am 26. Mai 1968 den Kampf um die Punkte.
ENDE JUNI können alle Spielleute mit dem Erscheinen der neuen Wettkampfordnung rechnen, die nach eingehender Beratung von der Kommission Spielmannszüge abgeschlossen wurde, nachdem aus verschiedenen Gemeinschaften zum Entwurf Änderungsanträge eingegangen waren.
GÄSTE aus der ČSSR hatte der Spielmannszug der ZSG Pulsnitz (Bez. Dresden). Eine Blaskapelle unseres Nachbarlandes weilte in der Pfefferkuchenstadt und erwartet nun die Pulsnitzer Spielleute in ihrer Heimat.
(Fortsetzung von Seite 1)
Das V. Deutsche Turn- und Sportfest der DDR ist der würdige Beitrag unseres sozialistischen Sportverbandes zum 20. Jahrestag unserer sozialistischen Republik. Es dient ihrer allseitigen Stärkung und der Entwicklung einer sozialistischen Menschengemeinschaft.
Aus dieser Tatsache ergibt sich, daß das gesamte sportliche und kulturell-künstlerische Niveau des Festes gegenüber den früheren Turn- und Sportfesten bedeutend höher sein muß.
Besonders die Hauptveranstaltungen, die Sportschau und Festübungen, die Eröffnungs- und Abschlußveranstaltung, der Festzug und die Fahnenweihe, in denen jeweils die Spielmannszüge des DTSB aktiv mitwirken, werden das Anwachsen unserer Sportbewegung dokumentieren.
Leipzig erwartet etwa 5000 Spielleute des DTSB, die mit ihren Spielmannszügen, Blasorchestern, Schalmeienkapellen und Fanfarenzügen anreisen werden.
Das ist schon heute Ansporn und Verpflichtung zu neuen und größeren Leistungen. Wir freuen uns darüber, daß viele Spielleute in ihren Kollektiven die Wochen der Diskussion zum Entwurf unserer sozialistischen Verfassung zum Anlaß nahmen, um weitere Taten in Vorbereitung des V. Deutschen Turn- und Sportfestes vorzuweisen.
Die wichtigste Aufgabe in diesem Jahr und damit Gradmesser des gegenwärtigen Leistungsniveaus unserer Spielleute, ist die Durchführung der ersten selbständigen Musikparade der Spielleutebewegung des DTSB am 29. Juni 1968 im Berliner Walter-Ulbricht-Stadion.
Für die umfangreichen Übungsstunden und die Erfüllung der vor allen Sportlerinnen und Sportlern stehenden ehrenvollen, aber auch schönen Aufgaben, wünsche ich allen Mitgliedern der Spielleutebewegung des DTSB viel Erfolg.
Seite 3
Auch in der Ausbildung auf neuen Wegen
15 Sportfreunde, davon 11 unter 20 Jahre, hatten sich aus dem Bezirk Leipzig in der DTSB-Bezirkssportschule Halle/Leipzig im Rahmen eines Nachwuchs-Übungsleiter-Lehrganges zusammengefunden.
Unter Leitung der Sportfreunde G. Rissel, H. Sandmann und W. Stephan wurde erstmals eine neue Form und Methode in der Aus- und Weiterbildung von Übungsleitern praktiziert, die, wenn die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden, wesentliche Verbesserungen in der theoretischen und praktischen Ausbildung unserer Techniker ermöglichen.
Die teilnehmenden Sportfreunde verfügten über ein recht unterschiedliches Wissen, und es wurde deutlich, daß einigen Sportfreunden bereits in der Grundausbildung durch ihre Züge nicht die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt wurden.
Es kann eingeschätzt werden, daß alle Teilnehmer des Lehrganges in Weißenfels etwas hinzugelernt haben, doch zur Überreichung des Übungsleiterausweises gab es bei diesem und jenem noch Bedenken.
So konnten 5 Sportfreunde, vorrangig Pioniere, den Helferausweis, 6 Sportfreunde den Übungsleiterausweis der Stufe 1 und der erst 17-jährige Helmar Quaas von der BSG Aktivist Wintersdorf als einziger den Nachweis für die Stufe 2 in Empfang nehmen.
Zur Prüfung hatten alle Lehrgangsteilnehmer 26 Fragen auf einem Notenblatt zu beantworten und außerdem eine praktische Aufgabe mit ihrem Instrument zu lösen. Dabei zeigte sich, daß einige Sportfreunde über größere theoretische als praktische Kenntnisse verfügen.
Alles in allem ein guter Anfang, der Schule machen wird. G. Rissel
Allseitige Steigerung der Qualität ist unbedingt erforderlich
Nach den bisherigen Tagungen der Kommission Schalmeienkapellen läßt sich einschätzen, daß in der zurückliegenden Zeit eine recht gute Arbeit geleistet wurde.
Es geht im Augenblick in unserer Arbeit um die Erhöhung der Qualität in musikalischer Beziehung, des Auftretens in der Öffentlichkeit und damit eng verknüpft um eine Richtlinie für die gesamte weitere Arbeit.
Etwa 25 Kapellen erhielten von uns ein Anschreiben, in dem sie zur aktiven Mitarbeit aufgefordert wurden. Leider kamen nur 12 unserer Bitte nach. Da wir der Auffassung sind, daß außerdem auch einige Kapellen keine Anschreiben erhielten, weil die jeweilingen Bezirksvorsitzenden ihrer Pflicht nur ungenügend nachkamen, bitten wir diese Sportfreunde, ihre Meldung nachzuholen.
Grundlage unserer praktischen Tätigkeit ist ein Plan, der vor allem die Weiterbildungsprobleme zum Inhalt hat. Alle Stabführer und Techniker werden demnach zu einem Lehrgang geladen, der gegenwärtig vorbereitet wird. Zur Lösung der unmittelbar vor uns stehenden Aufgaben hat die Kommission Schalmeienkapellen beschlossen:
1. Alle zentralen Wettbewerbe werden in zwei Durchgängen durchgeführt. Es müssen drei Kürmärsche gemeldet werden. Einen Kürmarsch wählt die Kapelle selbst aus, der andere wird vom Kampfgericht bestimmt. Der Pflichtmarsch wird für alle SK vom Hauptkampfrichter gezogen.
2. Folgende Pflichtmärsche wurden festgelegt: „Marsch der sowjetischen Luftstreitkräfte“, „Spartakusmarsch“, „Aktivistenmarsch“, „Fichtemarsch“, „Festmarsch“, „Jugend voran“ (Blaues Heft). Für die Leistungsklasse 1 fallen die Märsche 16 und 22 weg.
3. Nach den Bezirkswettkämpfen werden alle SK in die entsprechenden Klassen eingestuft, wobei die Punktzahl entscheidet.
Im Mai findet die nächste Beratung der Kommission statt. Alle eingehenden Fragen werden dort behandelt und anschließend beantwortet.
Günter Schlaefke
Dies und Das
FESTGELEGT hat die Kommission Fanfarenzüge auf ihrer letzten Beratung die ersten drei Pflichtmärsche Es sind dies: „Erfurtermarsch“, Sportler voran“ und „Ruf der Jugend“.
TROMMELNOTEN vom „Helenenmarsch“ sucht die BSG Stahl Megu Leipzig. Zuschriften sind an die Redaktion zu richten.
RICHTIG heißt die Bezeichnung für die Leitung unserer Spielleute „Zentrale Spielleutekommission“. In den Bezirken lautet sie demzufolge „Bezirksspielleutekommission“. Der häufig noch benutzte Stempel „Kommission Musik und Spielmannszüge“ sollte sofort aus dem Verkehr gezogen werden, da seine Aufschrift falsch ist.
IM SEPTEMBER erscheint in Vorbereitung des V. Deutschen Turn- und Sportfestes eine weitere Sonderausgabe „der tambour“ durch die Zentrale Spielleutekommission.
Ein 3. Patz beim Ausscheid für Kapelen der Landgemeinden, der Aufstieg zur Sonderklasse im Jahre 1966 und ein 2. Platz im Rahmen eines Sonderklassenwettkampfes, aus Anlaß des 60jährigen BSG-Jubiläums, sind die markanten Erfolge der Schalmeienkapelle BSG Traktor Großsteinberg, Bezirk Leipzig.
1950 gegründet, mußte das Kollektiv nach 10jähriger Zusammenarbeit erneut von vorn anfangen, da 18 der 20 Sportfreunde wegen Überalterung ausgeschieden waren.
Damals waren es in der Mehrzahl Jugendliche bis zu 21 Jahren, die in der Kapelle mitwirken wollten und im Verlauf der letzten Jahre entscheidend zu den Erfolgen beitrugen.
Wünschen wir den Großsteinbergern auch weiterhin gute Ergebnisse.
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Sechzigjähriges in Leipzig-Leutzsch
■ Jubiläum des Spielmannszuges der BSG Stahl Megu
■ Großveranstaltungen mit über 400 Spielleuten in der Messestadt Leipzig
Sieht man ihnen heute zu, wie sie üben, durch die Straßen marschieren, einfach überall dort zu finden sind, wo sich Sportlerinnen und Sportler treffen, um im freundschaftlichen Wettstreit ihre Kräfte zu messen, dann denkt kaum einer an die Zeit vor 60 Jahren zurück, als der Grundstein für den heutigen Spielmannszug der BSG STAHL MEGU LEIPZIG gelegt wurde.
Arthur und Hermann Kellner sowie Heinrich Funke sind jenes Dreigestirn, das im Jahre 1908 die ersten Schritte zur Bildung eines Spielmannszuges wagten. Lange Zeit verging, bis sich einige Interessenten, die gleich ihnen Lust und Freude am gemeinsamen Spiel fanden, zu dem Trio gesellten.
Es dauerte ganze vier Jahre — dann marschierte der erste spielfähige Zug auf. Namen wie Otto Genärsch, Otto Riemann, Willi Schmidt, Paul Heim und Karl Lipinski, um nur einige zu nennen, sind mit dieser Zeit eng verbunden. Doch die Freude war von kurzer Dauer. 1914 brach der 1. Weltkrieg aus und viele Spielleute mußten die weiße Sportkleidung mit der „Feldgrauen“ vertauschen.
Deutschland lebte in Not und Elend, als 1919 in der Sandgrube bei Röchling und Edelstahl die ersten Übungsstunden abgehalten wurden. Erfreulich war der starke Zugang von jungen Sportfreunden die es ermöglichten, daß der Zug mit 35 Spielleuten einer der spielstärksten Kollektive wurde.
Wieder drohte mühsame Aufbauarbeit zu zerbrechen, als der Arbeitersport wenige Jahre später gespalten wurde. Doch die roten Sportler stellten einen Spielmannszug auf, der eine beachtliche Spielstärke entwickelte.
Schwere Jahre für den Arbeitersport und seine Spielleute führten nicht zur Vernichtung der Züge, sondern festigten die Kollektive. Hitler und seine Hintermänner hatten ihre Ziele nicht erreicht. Den Ausweg, ihre Innen- und Außenpolitik erfolgreich zu beenden, suchten sie im 2. Weltkrieg.
Tambour Erich Kellner war das erste Opfer dieses verbrecherischen Völkermordens. Ihm folgten innerhalb kurzer Zeit sieben weitere Spielleute.
Im Vermächtnis der gefallenen Sportfreunde und auf den Traditionen aufbauend, fanden sich nach 1945 ehemalige Spielleute und interessierte Werktätige aus den umliegenden Betrieben zusammen, um einen neuen Spielmannszug im Westen der Messestadt aufzubauen.
In der Sportgemeinschaft Leutzsch fanden die Sportler einen neuen Wirkurgskreis, dem sie auch heute noch, nun unter dem Namen Stahl Megu, die Treue halten.
Die Parlamente der FDJ, die Weltfestspiele in Berlin, die Turn- und Sportfeste der DDR, Spielleutetreffen in allen Teilen unserer Republik und DDR-Bestenermittlungen waren auch für die Spielleute aus Leutzsch Höhepunkte in der bisherigen sportlichen Tätigkeit.
Absoluter Mittelpunkt der vergangenen Jahre war allerdings das „Fünfzigste“. Mit dem Spielmannszug von Helmstedt waren selbst aus Westdeutschland Gäste angereist und die Spielleute unserer Republik fehlten ebenso wenig als Gratulanten. Ein Sternmarsch zum Gründerlokal, Großkonzerte auf verschiedenen Plätzen, ein Massenspiel von über 200 Spielleuten und selbstverständlich die Ehrung der Gründer gehörten zum Hauptteil des umfangreichen Programms.
Nun steht das Sechzigste bevor, und man ist bemüht, noch mehr zu zeigen. Denn auch die letzten zehn Jahre haben den Spielmannszug der BSG Stahl Megu Leipzig weiter vorangebracht.
Im Bezirk Leipzig gehören die Spielleute aus Leutzsch und Umgebung mit zur Spitze. Man sagt ihnen nach, sie seien die ewigen Zweiten (hinter Traktor Taucha). Auch im Republikmaßstab kann man die Schützlinge Kurt Kellners, der damit die begonnene Familientradition fortsetzt, zu den führenden Zügen zählen.
Der Trägerbetrieb der BSG Stahl Megu anerkannte die Leistungen und zeichnete jedes Mitglied des Spielmannszuges für seine hervorragenne Einsatzbereitschaft und diszipliniertes Auftreten mit der „Aktivistennadel“ aus.
Auch der DTSB und der DTV ehrten die Sportfreunde. So tragen heute Kurt Kellner die goldene, Heinrich Sandmann, Regina Kellner und Erich Schnabel die silberne sowie mehrere Sportfreunde die bronzene Ehrennadel des DTSB.
Das V. Deutsche Turn- und Sportfest der DDR 1969 in Leipzig ist jetzt für den Spielmannszug eine der wichtigsten Aufgaben, auf die es sich zielgerichtet vorzubereiten gilt. Die Veranstaltungen dieses Jahres sollen deshalb genutzt werden, um das Kollektiv zu festigen und leistungsstärker zu entwickeln.
Wünschen wir im Namen aller Spielleute unseres Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR den Spielleuten von Stahl Megu Leipzig für die Zukunft weitere gute Erfolge zum Nutzen unserer sozialistischen Sportbewegung.
Festprogramm
- 3. Mai Festsitzung mit Vertretern des öffentlichen Lebens der Stadt Leipzig sowie Gästen zentraler Institutionen.
- 4. Mai Massenspiel aller in Leipzig weilenden Spielmannszüge und Schalmeienkapellen im Clara-Zetkin-Park. Platzkonzerte und eine Großveranstaltung im Felsenkeller.
- 5. Mai Großes Wecken Marsch zum Gründerlokal „Vater Jahn“ in Leutzsch. Kranzniederlegung am Grab der Gründer. Werbemarsch durch Lindenau und Leutzsch. Große Abschlußveranstaltung mit 400 Spielleuten und 200 Mitgliedern von Blasorchestern auf dem Leipziger Markt.
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Klare Festlegungen zum Pionierpokal
Von ERNST BARTLING
Seit einigen Jahren schon kämpfen die besten Pionierspielmannszüge um den Pionierpokal, genau wie in anderen Sportarten auch.
Das ist eine schöne Tradition, die sich hier entwickelt hat, und es ist nur zu bedauern, daß das Wettkampfsystem im Gegensatz zu den Erwachsenenzügen bei den Pionierzügen so wenig Resonanz gefunden hat.
Sind es doch meistens nur sieben bis neun Züge, die in jedem Jahr antreten. Man kann sich leicht ausrechnen, wie es unter diesen Umständen in den Bezirken oder gar in den Kreisen aussieht!
Noch ein Problem tritt besonders bei unseren Wettkämpfen zutage. Das ist die Tatsache, daß in unseren Zügen viele Mitglieder der FDJ als Aktive tätig sind, auf die kein Zug glaubt verzichten zu können, weil sie ja tatsächlich besonders bei den Hornisten die Stützen des Ganzen sind. Dieser Besonderheit entsprechend lag bisher die Altersgrenze von 16 Jahren zugrunde.
Bei den diesjährigen Wettkämpfen, deren erster Durchgang Anfang Mai in Spremberg, der zweite im Juni in Berlin anläßlich des Pressefestes des ND und der dritte im Juli in Güntersberge stattfindet, wird kein Aktiver mehr mitkämpfen, der zu dem jeweiligen Zeitpunkt sein 16. Lebensjahr vollendet hat. Diese Regelung trifft zwar auf den Widerstand manchen Leiters, ist aber notwendig, damit wir uns dem Status eines Pionierzuges annähern. Daß dies möglich ist, beweist das Beispiel des Zuges aus Bad Dürrenberg, in dem schon seit Jahren kein FDJler mehr spielt!
Es muß unser Ziel sein, daß wir in einigen Jahren nur noch echte Pionierzüge haben und daß die älteren Spielleute entweder in den Erwachsenenzügen spielen, oder sich aber zu Jugendzügen zusammentun.
Klassifizierungsbedingungen für Spielmannszüge
V. KLASSIFIZIERUNGSBEDINGUNGEN
1. Sonderklasse
Jeder Zug der Sonderklasse hat zum Wettbewerb mindestens 3 Kürmärsche einzureichen.
Ein selbstgewählter Kürmarsch wird im 1. Durchgang im Stand gespielt. Von den anderen beiden Kürmärschen wird einer vom Wettkampfgericht benannt und muß dann in der Bewegung gespielt werden.
a) Die zusätzlichen Kürmärsche müssen mindestens die Schwierigkeitsnoten 3,6 haben.
b) Jeder Zug der Sonderklasse muß im zweiten Durchgang einen gesetzten Hornmarsch und ausgelosten Pfichtmarsch spielen.
c) Jeder Zug hat 1970 die Arbeit mit einem Kinderspielmannszug nachzuweisen.
d) Kürmärsche, welche als selbstgewählte Märsche gespielt werden, dürfen bei zentralen Wettkämpfen nicht mehr als zwei Jahre hintereinander gespielt werden.
Danach muß mit diesem Marsch mindestens zwei Jahre ausgesetzt werden. Bei Nichteinhaltung erfolgt Disqualifikation.
2. Leistungsklasse I
Jeder Zug hat zu den Bezirksmeisterschaften einen selbstgewählten Kürmarsch einzureichen. Dieser muß im 1. Durchgang im Stand gespielt werden.
a) Der Marsch muß zweistimmig sein und mindestens die Schwierigkeitsnote 2,6 haben.
In der Bewegung ist ein geloster Pflichtmarsch zu spielen.
b) Im 2. Durchgang hat jeder Zug einen zweiten selbstgewählten Marsch im Stand zu spielen. Er muß zweistimmig sein, hat aber in der Schwierigkeit keine Festlegung.
c) In der Bewegung des 2. Durchganges wird ein gesetzter Pflichtmarsch gespielt.
d) Jeder Zug muß eine komplette Ausrüstung haben, außer Signalhorn.
e) Ab 1970 muß jeder Zug auch eine Signalhornbesetzung haben.
3. Leistungsklasse II und Allgemein
Jeder Zug hat bei den Bezirksmeisterschaften einen selbstgewählten Kürmarsch im Stand zu spielen. Dieser hat keine Festlegung in der Mehrstimmig- und Schwierigkeit.
a) Jeder Zug muß die ausgeschriebenen Pflichtmärsche beherrschen.
b) In der Bewegung muß ein geloster Pflichtmarsch gespielt werden.
Besonderer Hinweis für die Leistungsklasse II und Allgemein
1. Jeder Zug muß die Stabführung des DTSB anwenden.
2. Züge, welche die ausgeschriebenen Pflichtmärsche sowie die Stabführung des DTSB nicht beherrschen, starten außerhalb der Wertung.
3. Jeder teilnehmende Zug muß mit Schlagzeug ausgerüstet sein.
VI. STRAFORDNUNG
1. Alle Klassifizierungswettkämpfe werden nach den geltenden Wettkampfbestimmungen für Spielmannszüge des DTSB durchgeführt und unterliegen auch dessen Strafbestimmungen.
2. Jeder Zug der einzelnen Leistungsklassen hat sich unbedingt an den für die Meisterschaften festgelegten Veranstaltungsplan zu halten.
3. Jedes unsportliche Auftreten führt zur Disqualifikation des Zuges und bei sehr groben Verstößen wird ein Startverbot für alle Klassen von 1 bis 3 Jahren ausgesprochen.
a) Disqualifizierte Züge sind automatisch Absteiger und starten bei künftigen Wettkämpfen eine Klasse tiefer.
b) Gesperrte Züge müssen nach Ablauf ihrer Sperre wieder in der niedrigsten Leistungsklasse starten.
4. Als unsportlich gelten:
a) Jedes Fernbleiben von Veranstaltungen, die im Rahmen der Meisterschaften laufen und wo die Züge eingesetzt werden.
b) Ausnahmen müssen vom Wettkampfgericht genehmigt sein.
c) Nichtantreten bei Eröffnungs- und Siegerehrungsveranstaltungen der Wettkämpfe.
d) Grobes, unsportliches Auftreten der Mitglieder von Zügen gegen das Kampfgericht.
e) Alles unsportliche Auftreten, das zu großen Störungen des Ablaufes von Wettkämpfen und Veranstaltungen führt.
f) Eigenverschuldetes, nicht rechtzeitiges Antreten zum Start.
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Unser Leben heißt Kampf
■ Ein Spielmann erzählt aus seinem Leben
■ Vergangenheit und Gegenwart vereint
In der Hauptstadt unserer Republik, genauer gesagt in der Karl-Marx-Allee, wohnt der Arbeitersportler und Genosse Walter Riedel. Sein Name ist mit zahlreichen Kompositionen von Arbeiter-, Kampf- und Sportliedern sowie Festmusiken der Deutschen Turn- und Sportfeste eng verbunden.
Jahrzehntelang widmete sich der heute 66jährige gemeinsam mit Georg Benedix und anderen Repräsentanten des Arbeiter-Turn- und Sportbundes der Entwicklung und Pflege des Arbeiterturnens. Schon in den zwanziger Jahren schrieb er seine ersten Festmusiken.
Wer Leipzig in den Tagen der vier Turn- und Sportfeste der DDR erlebte, hörte auch die Kompositionen aus der Feder Walter Riedels, die er eigens für diese sport-politischen Höhepunkte schrieb.
Gegenwärtig entsteht das Fanfarensignal für die große Sportschau der Spielleute, zu Ehren des 75. Geburtstages von Walter Ulbricht, im Berliner Walter-Ulbricht-Stadion.
Genosse Walter Riedel ist mit seinem Leben ein Beispiel für den aufopferungsvollen Kampf unzähliger Sportlerinnen und Sportler gegen Faschismus und Krieg, für die Freundschaft unter den Völkern und die Achtung aller fortschrittlich denkenden Menschen. Aus den Tagen seiner ersten unmittelbaren politischen Erlebnisse und Handlungen stammen die nachfolgenden Gedanken, die er uns übermittelte.
„1910 war es. Mein Vater nahm mich zum ersten Mal zu einer Maifeier der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands mit. Ich fand dieses Fest sehr schön. Schon die überfüllten Straßenbahnen, und dann Würstchen, Milch, Musik, Topfschlagen und der Laternenumzug. Auf der Laterne, die ich trug, war eine große „8“ aufgedruckt. „Wegen des „8-Stundentages“, sagte mein Vater.
Im übrigen hatte mein Vater recht wenig Zeit für mich. Er war dauernd wo anders. Erst mußte er unbedingt im großen Saal dabei sein, weil dort ein Genosse sprach, dann mußte er gleich wieder in den kleinen Saal zum Turnen. „Wir bauen nämlich eine Pyramide“, sagte er. Aber beim Singen durfte er auch nicht fehlen. Nun, wenn ich schön brav sei und mich ruhig verhielt, dürfe ich zum Konzert mitkommen. Na, und ich war brav. Einige von den Liedern kannte ich schon. Mein Bruder spielte sie zu Hause oft auf der Mundharmonika.
Am Schluß standen alle Leute von ihren Bänken auf und sangen gemeinsam noch ein Lied. Ach, das Lied kannte ich auch schon. Aber warum alle Leute extra aufstanden, das wußte ich nicht. Mein Vater erklärte mir es. Ich glaube er sagte: „Das ist das schönste Lied aller Arbeiter, und heute am 1. Mai würde dieses Lied auf der ganzen Welt gesungen.“
Liebe Freunde, das erfuhr ich 1910. Wieviel tausend Mal hörte ich so seitdem die „Internationale“. Wieviel tausend Mal habe ich sie selbst gesungen — bei Versammlungen, Demonstrationen, Streiks, im bewaffneten Kampf gegen die Kapp-Putschisten, gegen die Noske-Soldateska in Leipzig, Gröbern, in Ammendorf, ja, sogar im Hitler-KZ.
Immer waren es viele, viele Menschen, die Seite an Seite marschierten, kämpften oder litten, und dabei die „Internationale“ oder andere Lieder der Arbeiterschaft sangen.
März 1920. Am Sonnabend früh verkündeten Extra-Blätter die Nachricht vom Kapp-Putsch. Wie in ganz Deutschland erhob sich auch in Leipzig die Arbeiterschaft gegen die Errichtung einer militärischen Diktatur. Nachdem die Leipziger Arbeiter am Sonnabend Abwehrmaßnahmen ergriffen, Betriebe und Verkehrsmittel stillgelegt hatten, verbreitete sich am Abend wie ein Lauffeuer die Kunde, daß das Zeitfreiwilligen-Regiment bereits die Innenstadt bis an die Grenzen der Arbeiterwohnviertel besetzt und abgesperrt hatte.
Sonntag früh fanden überall Protestversammlungen der Arbeiter statt. Gemeinsam mit den Connewitzern marschierte ich im Demonstrationszug zum Augustusplatz (dem jetzigen Karl-Marx-Platz). Die Zeitfreiwilligen und eine Abteilung der Noske-Reichswehr eröffneten plötzlich das Feuer auf unseren völlig unbewaffneten Demonstrationszug. Tote und verwundete Arbeiter, waren die Opfer dieses räuberischen Feuerüberfalles der Militaristen.
An diesem Sonntag kehrte ich nicht in meine elterliche Wohnung zurück. Ich weiß auch heute noch nicht, ob und von wem ich aufgefordert wurde, zum „Gambrinus“ zu gehen.
Die gemeinsame Idee verband uns
Etwa 60 Arbeiter traf ich dort im Tanzsaal an. Viele waren mir bekannt. Meistens waren es Arbeitersportler, Sozialdemokraten, Unab-
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hängige, Kommunisten, Parteilose und junge Arbeiter, die, wie ich, nur das Mitgliedsbuch der Gewerkschaft in der Tasche hatten.
Ein emsiges Hantieren begann. Vom Fuhrwerksunternehmer Busch holten wir Stroh und der „Gambrinus“ wurde zum Standortlokal unserer Arbeiterkompanie im Süden Leipzigs.
An Schlaf war nicht zu denken. Am Sonntag früh waren wir fast alle in Besitz von Waffen. Das große Orchestrion in der rechten Saalecke wurde seiner eigentlichen Bestimmung, durch Musik Freude zu bereiten, enthoben und als Waffenkammer eingerichtet. Zum ersten Mal in meinem Leben hielt ich einen Revolver in der Hand. Mein Bruder Ernst gab mir Blitzunterricht im Umgang mit der Waffe.
Montag früh, nur eine Tasse Malzkaffee im Magen, zogen wir zur verlängerten Waisenhausstraße und bauten in der Nähe des Gaswerkes die ersten Barrikaden. Am Connewitzer Kreuz entstand eine Straßensperre.
Ich muß sagen, besonders wir jungen Arbeiter waren sehr stolz auf die uns übertragenen Aufgaben. Unterdessen hatten die Zeitfreiwilligen und Noske-Söldner das Stadtzentrum, die Universität, die Frauenberufsschule, die Hauptpost bis zum alten Theater und das Neue Rathaus besetzt.
Wir beschränkten uns daher nicht nur auf die Verteidigung des südlichen Bezirkes der Stadt, sondern gingen auch zum Angriff gegen die Putschisten und Zeitfreiwilligen über. Am Mittwoch zogen wir, etwa 100 Mann, nach Markkleeberg. Dort hatten ungefähr 300 Zeitfreiwillige das Verwaltungsgebäude des Elektrizitätswerkes besetzt. Im offenen Gelände, ausgeschwärmt vorgehend, boten wir den Söldnern der Reaktion ein sicheres Schußfeld. Ungeachtet dieser Gefahr und ohne Verluste stürmten wir schließlich das Gebäude. Drei Maschinengewehre, eine große Anzahl Karabiner und Munition fielen in unsere Hände. Die entwaffneten Zeitfreiwilligen aber, ließen wir ungeschoren nach Hause gehen. Stolz und siegesfreudig zog ich in der ersten Reihe marschierend, das schwere Maschinengewehr mittragend, wieder in Connewitz ein.
»Schwarzer Freitag« in Leipzig
Am Freitag, dem 19. März, der als „schwarzer Freitag von Leipzig“ in die Geschichte der Arbeiterbewegung eingegangen ist, zerstörte die Noske-Reichswehr unser Volkshaus. 3.00 Uhr fiel der erste Artillerieschuß aus das Dach der Schule in der Scharnhorststraße. Der zweite traf das Eckhaus Süd- und Moltkestraße, der dritte den Floßplatz, und dann schlug Granate auf Granate in das Volkshaus ein.
Wir Connewitzer brachten das am Mittwoch erbeutete Maschinengewehr nach dem Floßplatz. Ich selbst rannte die unter Beschuß liegende und menschenleere Südstraße entlang nach dem Volkshaus, um den kämpfenden Genossen MG-Munition und Kühlwasser zu bringen. Von der anderen Richtung stieß die Reichswehr vor und besetzte zur Flankendeckung den Floßplatz. Ich wurde nach der Braustraße abgedrängt und reihte mich in die in ein heftiges Feuergefecht verwikkelte kämpfende Arbeiterkolonne ein. Plötzlich sahen wir, wie aus unserem Volkshaus hohe Flammen schlugen. Weithin wälzten sich die Rauchwolken. Der Turm brannte. Haushohe Stichflammen ergossen auf die angrenzenden Häuser einen gewaltigen Feuerregen. Bei diesem Kampf verloren wir unseren ersten Kameraden, den Sohn des Gambrinus-Wirtes. Auf dem Rückzug wurde ich am Connewitzer Kreuz durch einen Querschläger verwundet. Das war mein letzter Kampftag.
Während die revolutionäre Arbeiterschaft in Leipzig in mehrfachen Einsätzen mit der Waffe kämpfte, viele Tote und Verwundete zu beklagen hatte, übten einige Führer der SPD und USPD, unter ihnen Richard Lipinski, schändlichen Verrat. Hinter unserem Rücken verhandelte Lipinski mit dem Mörder-General Senfft von Pilsach und unterschrieb ein Dokument, nach dem wir vor allem unsere Waffen abliefern sollten. Nun, unser schweres Maschinengewehr hat die Wächterstraße nicht zu sehen bekommen. Wir brachten es aus dem „Gambrinus“ heimlich fort und warfen es in den Floßgraben im Connewitzer Wald. Das war meine letzte Kampfhandlung in diesen Märztagen 1920. Aus ihr nahm ich die Lehre für mein ganzes Leben mit, daß nur eine einige Arbeiterklasse siegreich gegen den Militarismus kämpfen kann.
Erinnerungen an Lieder und Jugendtreffen
Wenn ich die alten Arbeiter- und Kampflieder höre, muß ich oft an die Arbeiterkämpfe in den zwanziger und dreißiger Jahren denken. So erinnere ich mich jetzt noch sehr gut, an das 5. Reichsjugendtreffen des Kommunistischen Jugendverbandes Ostern 1930 in Leipzig. (Anmerkung der Red.: Ein junger Spielmann unserer Stadt Leipzig zählte zu den Organisatoren jener machtvollen Demonstration, auf der die rote Fahne gehißt wurde). Es war damals gar nicht so leicht, an einem Jugendtreffen teilzunehmen. Das Fahrgeld mußte von den Jugendlichen, die meisten waren ja arbeitslos, mühevoll zusammengespart werden. Ja, es gehörte viel Opferbereitschaft und Mut dazu, in der Zeit der beginnenden Faschisierung in Deutschland zu
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... doch unser Wille war unbesiegbar
Von Sportfreund KARL SEIDEL
Vielseitig sind die Erlebnisse und Erfahrungen alter Spielleute, die heute ihre aktive Laufbahn beendet haben oder noch immer in ihren Zügen „mitmischen“. Aus all ihren Worten ist zu erkennen, wie schwer der Weg der Arbeitersportler in jener Zeit War, als die preußische Herrschaft verjagd, aber die Weimarer Republik einen ebenso erbitterten Feind der fortschrittlichen Kräfte bedeutete, und gar Hitler mit aller Gewalt versuchte, den aufrechten Willen der Arbeitersportler zu vernichten.
Sportfreund Karl Seidel vom Spielmannszug Traktor Taucha hat sehr starke Eindrücke aus dieser bewegten Zeit, die er uns nachfolgend schildert.
Schon mit 7 Jahren wurde ich Mitglied im Arbeiter-Turn- und Sportbund sowie des Kinderspielmannszuges Glöra. Nach der Schulentlassung nahm uns der Erwachsenen-Spielmannszug von Chemnitz, unter der Leitung des Sportfreundes Willi Steinhäuser in seine Reihen auf. Mit diesem Zeitpunkt bekam die Spielleutebewegung für mich eine noch tiefere Bedeutung, und selbst das bis dahin große Interesse erlebte eine weitere Steigerung.
Der Chemnitzer Spielmannszug zählte damals zu den besten und stärksten Kollektiven im Arbeiter-Turn- und Sportbund. Seine 220 Mitglieder ließen bei jedem Einsatz, gleich wo, immer wieder aufhorchen.
Das Kreisturnfest des Landes Sachsen 1928 in Dresden und das 2. Arbeiter- Turn- und Sportfest 1929 in Nürnberg, wo unter den 100000 Teilnehmern auch 6000 Spielleute weilten, waren für mich in dieser Zeit die wichtigsten Ereignisse.
Im Wettbewerb der Spielmannszüge belegte der Chemnitzer Zug, mit 153 Sportlern antretend, den 1. Platz. Ich war vom internationalen Jugendtag, aus Wien kommend, mit der österreichischen Delegation, die dem Arbeiter-Turn- und Sportbund Leipzigs angehörte, in Nürnberg eingetroffen. Hatte aber noch nicht gewußt, daß ich zwei Jahre später mit unserem Spielmannszug an der 2. Arbeiter-Olympiade in der Hauptstadt Österreichs teilnehmen würde.
Was wir in diesen Tagen des Jahres 1931 erlebten, war einmalig.
Die Einweihung des Praterstadions und der große Festzug, der allein nahezu 1 Million Zuschauer angelockt hatte, sind unvergeßliche Augenblicke in meinem Leben.
Doch die Freude am Spiel, die tiefe Verbundenheit unten den Sportlern wurden überschattet.
Der Verrat der rechten SPD-Führer hatte in Deutschland zur Machtergreifung der Nazis geführt. Die gespaltete Arbeiterklasse bedeutete für die Faschisten freie Bahn — und sie nutzten „diese Chance“. Nach dem Verbot der KPD und der Gewerkschaften zerschlugen Hitlers Horden auch den Arbeitersport.
Die Organisationen und Kollektive hatten sie sprengen können, doch unser Wille war und ist für immer unbesiegbar.
Das zeigte sich nach der Zerschlagung des Faschismus im Jahre 1945 sehr deutlich. Denn zu den Aktivisten der ersten Stunde gehörten auch die Spielleute. Sie begannen auf den Traditionen des Arbeitersports eine neue, demokratische Sportbewegung aufzubauen.
Als einer der ersten Spielmannszüge war der heutige Traktorzug aus Taucha spielfähig. 1953 wurde auch in dieser Stadt das erste Spielleutetreffen durchgeführt, an dem fünf Züge teilnahmen. In einer Beratung legten die Teilnehmer unter der Regie des Sportfreundes Willi Steinhäuser fest, wie die Spielleutebewegung in den kommenden Jahren aufgebaut werden soll.
Das 2. Deutschlandtreffen 1954 in Berlin erlebte dann den ersten größeren Auftritt der Spielleute in unserer Republik. Lok Karl-Marx-Stadt hieß der Sieger des ausgetragenen Wettbewerbes.
Noch im gleichen Jahr rief Leipzig zum 1. Deutschen Turn- und Sportfest. 1500 Spielleute kamen in die Messestadt und gestalteten dieses nun traditionelle Fest der Körperkultur und des Sports zum Ausgangspunkt einer Aufwärtsentwicklung unserer Spielleutebewegung.
Zum nachhaltigen Erlebnis gestaltete sich das IV. Deutsche Turn- und Sportfest der DDR. Die Musikparade der 1000 Musiker und 400 Spielleute war der bis heute absolute Höhepunkt in unserer Tätigkeit. Noch niemals hat eine Musikparade nach 1945 solchen Beifall gefunden wie diese.
Damit verbindet sich für uns alle eine große Verpflichtung. Vor allen Sportlerinnen und Sportlern steht das V. Deutsche Turn- und Sportfest der
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„Die Deutschen Turn- und Sportfeste der DDR — auch unser kommendes V. Fest — stützen sich auf hervorragende Traditionen der Geschichte unseres Volkes. Seit dem Zeitpunkt, da vor und während der bürgerlich-demokratischen Revolution 1848/49 die ersten deutschen Turnfeste stattfanden, haben zahlreiche dieser Veranstaltungen einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des Turnens und des Sports geleistet. Seit diesem Zeitpunkt und vor allem seit den Turn- und Sportfesten der deutschen Arbeitersportbewegung waren solche Veranstaltungen machtvolle Kundgebungen für Deutschlands nationale und soziale Freiheit, für die Sache des Freidens und des Sozialismus, gegen den Krieg und Faschismus.“
Arthur Flegel erfüllte ein Lebenswerk
■ Was uns ein Brief aus Lauta alles erzählte
■ Wir sind stolz auf solche Veteranen des Sports
Vielen Spielleuten wird der Sportfreund Arthur Flegel aus Lauta bekannt sein. Der heute 88jährige ließ es sich nicht nehmen, auf unsere Bitte hin, an die Redaktion über seine mehrere Jahrzehnte währende Tätigkeit als Spielmann zu schreiben. Dafür möchten wir ihm vor seinen Zeilen einen recht herzlichen Dank sagen.
„Der Spielleutebewegung hatte ich mich mit meinem neunten Lebensjahr angeschlossen. Mein damaliger Lehrer, Herr Klemms, vermittelte mir das nötige Rüstzeug.
Als ich zu Beginn der 20er Jahre nach Lauta kam, fehlte mir etwas. Hinzu kam, daß ich mich ärgerte, weil die Arbeiter bei ihren Demonstrationen ohne Musik marschierten. Da ich nun selbst Arbeiter war, schloß ich mich verständlicherweise dem Arbeitersportverein an. Dort begann ich unter den Arbeitern und Sportlern Mitglieder für einen Spielmannszug zu werben. Nach einiger Zeit hatten sich Interessenten gefunden und wir begannen mit der Übungsstunde. Zwei oder Dreimal trafen wir uns in der Woche in Gärten, im Wald oder bei Sportfreunden in der Wohnung. Denn Noten kannte kaum jemand.
Nach einem Jahr harter Übungsarbeit, es war am 1. Mai 1925, trat der Arbeitersportspielmannszug Lauta erstmalig in der Öffentlichkeit auf.
Arbeitersportler wie Paul Reiche, Otto Matz, Ludwig Lempitz, Paul Klätka, Fritz Weske, Paul Grabs, Arthur Kusche u. v. a. die zu den bewußtesten Arbeitern zählten, nahmen bis 1932 an allen stattgefundenen Aufmärschen und Demonstrationen teil. Noch heute erinnere ich mich solch großer Ereignisse wie sie die Einsätze in Berlin, Leipzig, Prag und Nürnberg für uns bedeuteten.
Meine schönste und größte Erinnerung verbindet sich mit den Arbeitersportfestspielen 1927 in Nürnberg.
Gemeinsam mit dem Arbeiterspielmannszug Finsterwalde erregten wir starkes Aufsehen, da die große Trommel der Finsterwalder auf einem kleinen Wagen, der von einem Hund gezogen wurde, transportiert wurde. Nürnberg und all die anderen Veranstaltungen dokumentierten die tiefe Verbundenheit des Arbeitersports — damals eine Notwendigkeit, die verfolgt und bestraft wurde durch die braune Herrschaft — heute leider, aber auch glücklicherweise, als Selbstverständlichkeit betrachtet.
Wie überall, zerschlug die Nazibarbarei und der von ihnen heraufbeschworene Krieg, in dem viele unserer besten Freunde ihr Leben lassen mußten, auch unsere Gemeinschaft.
Im Herbst 1946 begann ich die alten Spielleute wieder zu sammeln. Zu dem verbliebenen Stamm kamen neue, junge Kräfte hinzu, die wir zum Teil bereits schon heimlich ausgebildet hatten. Unter ihnen befand sich auch der heutige Stabführer Wilfried Kusche.
Trotz einiger Tiefs, gelang es mir, den. wiederaufgebauten Spielmannszug in Lauta zu erhalten.
Meine Devise, der Jugend gehört die Zukunft, wurde 1955 in die Tat umgesetzt. Sportfreund Wilfried Kusche löste mich ab und wurde Stabführer des Zuges.
Mit den für mich ewig in Erinnerung bleibenden sportlichen Erlebnissen, wie die Turn- und Sportfeste in Leipzig, die Rödertaltreffen und das Finsterwalder Sängertreffen, beendete ich, 83jährig, im Jahre 1963 meine aktive Laufbahn als Spielmann, als letzter vom alten Stamm.
Voller Stolz, aber auch mit etwas Neid schaue ich heute den Jungen zu, wenn sie spielen. In welch glücklicher Zeit können sie ihrer Spielleutebetätigung nachgehen und das Werk von uns „Alten“ fortsetzen.
Der Leistungsstand unseres Spielmannszuges und die mir angediehenen Ehrungen zeigen mir, daß meine Arbeit richtig und nicht umsonst. war.“
. . . doch unser Wille war unbesiegbar
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DDR. Zu diesem sport-politischen Ereignis im 20. Jahr der Gründung unserer Republik heißt es, noch höhere Leistungen zu zeigen.
Wir und unsere sozialistische Sportbewegung sind in den letzten Jahren ungeheuer gewachsen. Das war aber nur möglich, weil uns Partei und Regierung alle Möglichkeiten der sportlichen Betätigung schafften, weil alle Bürger der DDR jene Macht verkörpern, die notwendig ist, um in Frieden und Freiheit ein sozialistisches Aufbauwerk zu vollenden, zu dem auch der Sport gehört.
Dafür zu danken, mit höchsten Leistungen, muß unsere Verpflichtung zum „Fünften“ 1969 in Leipzig sein.
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Unser Porträt: Sportfreund Herbert Starke, BSG Aktivist Lauchhammer
Weit über die Grenzen von Lauchhammer hinweg ist der Name des Sportfreundes Herbert Starke zum Begriff geworden.
56 Jahre aktiver Spielmann und schon 48 Jahre Stabführer sind wahrlich eine große Leistung, nicht so sehr am Anfang seiner Laufbahn als heute, wo er mit 67 Jahren seine besondere Liebe dem Nachwuchs widmet.
Als 1946 der Spielmannszug Motor Lauchhammer gegründet wurde, gehörte Herbert Starke zu den unermüdlichen Freiwilligen, die in mühsamer Kleinarbeit dieses Kollektiv festigten und vor allem auf ein beachtliches sportliches Niveau führten.
Als Stabführer und Techniker errang er mit diesem Zug Goldmedaillen in Leipzig, Großröhrsdorf und bei den Bezirkswettkämpfen.
1965 wechselte er zum „Ortsrivalen“ Aktivist und baute dort einen neuen Spielmannszug auf.
Die Leistungen von Herbert Starke wurden in den vielen Jahren seiner aktiven Laufbahn mit der Auszeichnung der silbernen Ehrennadel des DTSB, der Ehrenplakette „Für ausgezeichnete Leistungen“ des BFA Cottbus und der Medaille „Für ausgezeichnete Leistungen“ der BSG Motor Lauchhammer gewürdigt.
Wir wünschen diesem bescheidenen Sportler und Spielmann noch viele Jahre bei bester Gesundheit und schöne Erfolge in seiner sportlichen Betätigung.
Helmuth Winkler
Unser Leben heißt Kampf
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diesem Treffen zu kommen. Aber sie kamen. Sie kamen mit der Bahn, mit dem Fahrrad und viele tausend auch zu Fuß. Sie kamen aus allen Städten und Ländern Deutschlands. Kampfentschlossene junge Menschen aus Hamburg, vom Roten Wedding, aus Spandau, aus München und aus Halle. Von überall her. In ihren grauen Blusen oder in den schwarzen Hemden der Antifa marschierten sie in bester Ordnung, straff und kampfentschlossen, zum Augustusplatz.
Zur gleichen Zeit marschierten in Leipzig aber auch die „Hüter der Ordnung“ auf. Sipo und Schupo mit Gummiknüppel bewaffnet, den Revolver an der Seite schußbereit.
Ein Roller nach dem anderen — Roller nannten wir seinerzeit die Überfallwagen der Polizei — durchraste die Straßen. Aber die Jugend bot keinen Anlaß zur „Wiederherstellung der Ordnung“. Die Polizei wurde, wo sie sich nur sehen ließ, mit revolutionären Gesängen begrüßt wie „Auf, junger Tambour“, „Wir sind die erste Reihe“, „Das ist der Rote Frontkämpferbund“, der sich nicht verbieten läßt“ oder auch „Auf, auf zum Kampf“, „Der kleine Trompeter“ und das Lied „Bei Leuna sind viele gefallen“.
Ach, ich könnte jetzt noch alle diese Lieder singen, ich kenne sie noch alle, Lieder vom Kampf, vom Haß gegen die Reaktion und vom Fluch auf Sipo und Schupo. Lieder von der Liebe zur Revolution, zu Karl und Rosa und zur Sowjetunion.
30000 junge Kämpfer und 10000 Arbeiter der Stadt Leipzig füllten den Augustusplatz. Vor der Oper standen drei große Fahnenmasten. Der Rat der „Roten Stadt Leipzig“ hatte aber verboten, daß die Fahnen der Arbeiterschaft zu Ehren der kommunistischen Jugendfreunde gehißt wurden.
Rote Herzen - rote Fäden - rote Fahnen
Fast 100000 Herzen lauschten den Worten des Redners. Es sprach Ernst Thälmann. Plötzlich Jubelruf. Zuerst weiß niemand recht warum. Dann ein nicht zu beschreibender Jubel aus fast 100000 Kehlen: „Die rote Fahne! Die rote Fahne!“ Langsam steigt am mittleren Fahnenmast eine rote Fahne empor. Schon flattert sie über den Köpfen der begeisterten Menschen und Kämpfer. Die „Internationale“ hallt wie auf Kommando über den Platz und steigt zum Himmel.
An der Ecke Grimmaische Straße wird es unruhig. Ein Roller, also ein Polizeiwagen, fährt mitten hinein in die Menge der Demonstranten. Die Besatzung springt ab. Ein Schuß, noch einer, und die rote Fahne am mittleren Fahnenmast sinkt langsam herunter. Nein, sie geht wieder hoch! ...und wieder ein, zwei Meter herunter, fast bis zur Mitte... und wieder hoch. Hoch über allen die rote Fahne.
Ein junger Kommunist ließ beim Schutze der roten Fahne der Arbeiterklasse sein Leben. Die Sipo war wieder einmal zum Mörder geworden.
Hunderttausend lauschten Ernst Thälmann
Nachdem ich mehrere Jahre im Konzentrationslager zugebracht hatte, war ich 1936 im Zuchthaus Osterstein. Ich lag in der Belegschaft 10, der sogenannten Lumpensortiererei. Nun, wir sind da etwa 100 Strafgefangene gewesen, politische und kriminelle zusammen in einem Raum. Wir saßen in unseren grauen Zuchthauskleidern vor langen Arbeitstischen und sortierten Lumpen. Ein großer Haufen Lumpen und Stoffreste lagen auf dem Fußboden. Die Sortierer, also wir, nahmen dann Stücke heraus und zupften 12 Stunden lang je Tag die einzelnen Fäden heraus. 6 bis 8 kleine Häufchen, einzelner gezupfter Fäden, genau sortiert nach Art, also Seide, Baumwolle, Wolle, Zwirn usw. und genau sortiert nach Farbe schwarz, grün, weiß und rot lagen vor jedem Gefangenen auf dem Arbeitstisch. Und täglich ging das nun 12 Stunden lang: Zupf — dahin, zupf — dahin, zupf — dahin.
Aber eines Tages schien irgend etwas nicht zu stimmen. Vor jedem Gefangenen, nein nicht vor jedem Gefangenen, auf dem Tisch einer Reihe der Gefangenen, nämlich der politischen, lagen gar nicht 6 bis 8 Häufchen, da lag immer nur ein einzelner. Und komisch, immer nur ein Häufchen mit roten Fäden. Rote Fädchen?... natürlich, rote Fädchen! Es ist doch 1. Mai 1936 im Zuchthaus Osterstein.
Rote Herzen, rote Fäden! Rote Fäden für die künftigen roten Fahnen des Sieges.“
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Wir diskutieren weiter: »Hobby oder Sport?«
Um ehrlich zu sein, wir hatten diese Vielzahl der Zuschriften im Rahmen unserer Diskussion „Hobby oder Sport“ nicht erwartet. Deshalb sollen heute weitere Sportfreunde zu Wort kommen, die sich mit unserer Frage auseinandersetzen.
Aus Mittenwalde vom Spielmannszug erreichten uns die Zeilen von Bernd Neumann. Er berichtet von seiner ungeteilten Freude darüber, daß wir gleich mit Beginn des Erscheinens unserer Zeitung eine Diskussionsrunde eröffneten.
„Auch in unserem Spielmannszug gibt es Sportfreunde, die öfters keine Lust haben und glauben, hin und wieder fehlen zu können. Hoffentlich melden sich auch solche Sportler zu Wort und denken einmal über ihr Verhältnis zum Spielmannszug nach.“
Sportfreund Neumann schreibt dann weiter: „Für mich ist die Tätigkeit in der Spielleutebewegung ebenso eine sportliche, wie in jeder anderen Sportart. Sie ist im vollen Maße einer Mannschaftsleistung gleichzusetzen, da die Erfolge im Endeffekt von jedem einzelnen abhängen. Auch wir, obwohl wir nicht sehr viele sind, haben schon einige Erfolge zu verzeichnen. Sie waren für mich, gleich jedem anderen Sportler, weiterer Ansporn. Die erlittenen Niederlagen bedeuteten Verpflichtung zu noch intensiverem Üben und regelmäßigerer Teilnahme an Wettkämpfen und Veranstaltungen.
Um unsere Spielleutebewegung als Hobby zu betrachten, müßte die Betätigung weniger schwer und anspruchsvoll in ihren Erfordernissen sein.“
Joachim Baudisch aus dem Pionierspielmannszug Burg möchte sich ebenfalls an der Diskussion beteiligen und schreibt: „Für mich ist die ganze Sache Sport, denn wenn es ein Hobby wäre, brauchten wir nicht so regelmäßig und angestrengt zu üben. Da wir ja auch an den verschiedensten Wettkämpfen teilnehmen, und diese sind nun einmal sportliche Kennzeichen, ist der Begriff Hobby an dieser Stelle ungeeignet. Das ist meine Meinung, weil ich Trommler bin“, schließt dieser Pionier seinen Brief.
Einer recht exakten Erläuterung seines Standpunktes befleißigte sich Sportfreund Wilhelm Ulrich aus Ziegelrode. In seinem Beitrag heißt es: „Als alter Hase streiche ich das Wort Hobby doppelt und dreifach durch, lasse es überhaupt nicht gelten. Unsere Spielleutebewegung ist Sport und sogar von ganz bedeutender Art.
Damit ich besser verstanden werde, möchte ich zwei Beispiele anführen.
Von der pekuniären Seite aus betrachtet, Hobbys kosten Geld, neigt es dazu; denn unsere Bewegung ist für jeden einzelnen Spielmann mit zusätzlichen Geldausgaben verknüpft.
Zum anderen ist unsere Knüppelmusik mit den anderen Nebenbeschäftigungen unserer Menschen nicht auf einen Nenner zu bringen. Hobby wird durch eigenes Denken und Handeln gesteuert und bedeutet in unserem Sinn ‚kommen und gehen‘; ‚auf der Stelle treten‘, hieße den Charakter unserer Bewegung verallgemeinern.
Aber warum Sport? Bei der Durchführung der Aufgaben des Sports ist die Spielleutebewegung als entscheidender nebensportlicher Faktor zu betrachten. Sie ist nach den Spitzensportlern, Nationalmannschaften, die unserem sozialistischen Staat und seinem Sport bei allen Veranstaltungen zu würdigem Ansehen verhelfen, der erste Propagandist seiner Organisation in der Öffentlichkeit. Das verpflichtet und erfordert beharrliches, intensives Erlernen der Grundelemente der Spielleutemusik zur Steigerung der Technik und Verbesserung der Marschdisziplin. Solche systematische und kollektive Betätigung kann nur Sport sein.“
Soweit die heutigen „Diskussionsredner“. Wir streiten auch in den folgenden Wochen und Monaten weiter und erwarten eine rege Beteiligung.
Mit 80 Jahren noch aktiv
Sportfreund Ferdinand Kleßen feierte am 21. Januar seinen 80. Geburtstag. 1905 trat er in Brandenburg der Spielleutebewegung bei und ist bis zum heutigen Tag aktives Mitglied geblieben.
Durch seine Aktivität und hervorragende Einsatzbereitschaft hat er wesentlichen Anteil an den Erfolgen unseres Zuges. Besonders für die Jugend ist er ein gutes Vorbild.
In Anerkennung seiner Leistungen und Treue wurde Sportfreund Kleßen mit den goldenen Ehrennadel der BSG Stahl Brandenburg und des DTSB ausgezeichnet.
Er gehört heute zu den ältesten aktiven Spielleuten unseres sozialistischen Sportbundes. Wir wünschen diesem Veteran der Spielleutebewegung Gesundheit und weitere Schaffenskraft zum Ruhme unserer Sportbewegung.
K.-J. Haller, BSG Stahl Brandenburg
Letzte Meldungen
Völlig unerwartet riß der Tod unseren verdienten Spielmann, den langjährigen Trommler und Übungsleiter, Sportfreund
KARL BODE
im Alter von 61 Jahren aus unserer Mitte. Die Spielleute der BSG Stahl Walzwerk Hettstedt werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
LEIPZIG — Auf ihrer letzten Tagung hat die Kommission Spielmannszüge entschieden, daß der Spielmannszug der BSG STAHL MEGU LEIPZIG in die Leistungsklasse 1 absteigt und der Spielmannszug der BSG STAHL ZIEGELRODE im Wettkampfjahr 1968 in der Sonderklasse startet. Diese Regelung ergab sich aus den Wettkampfergebnissen der Bestenermittlungen in Mühlhausen 1967.
Leipzig — Für unsere Fachzeitung „der tambour“ gingen aus 180 Gemeinschaften Meldungen ein. Leider haben bis 31. März 1968 erst 114 ihre Pflicht in der Abonnementszahlung erfüllt. Die Säumigen werden hiermit gebeten, schnellstens die Zahlung nachzuholen, da sie das Erscheinen der Zeitung gefährden.
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Für den Techniker
Von ERHARDT GÜTTNER
2. Trommelflöten aus Kunstharz, Holz und Metall
Jeder Spielmann sollte die wichtigsten Eigenheiten der verschiedenen Flötenarten und deren Einsatzmöglichkeiten kennen.
Die Metallflöten haben den leichtesten Ansatz. Spieler, die auf anderen Flöten versagen, können auf ihnen oftmals reine Töne hervorbringen.
Für schnelle Läufe und stackati ist sie im allgemeinen besser geeignet als andere Flöten. Die Modelle, die ich bisher geprüft habe, waren etwas leiser als die anderen Flöten. Das kann für kleinere Züge bedeutsam sein.
Der Klang einer guten Trommelflöte aus Holz ist unerreichbar. Ihr Ansatz ist für viele oft etwas schwierig. Der Ton wechselt sehr mit dem Ansatz. Eine Holzflöte muß nach dem Spiel ausgetrocknet und regelmäßig gefettet werden. Sie darf nicht ohne Pflege herumliegen und „verdorren“. Ist dies nicht bei jedem Spielmann im Zug gewährleistet, so klingt das Flötenspiel des Zuges unsauberer, als wenn man eigentlich die klangschlechtere Kunstharzfiöte benutzt. Eine vernachlässigte Flöte wird meist im Ton etwas höher und in den oberen Lagen unsauber. Viele käufliche Modelle sind neu schon unbrauchbar, selbst wenn es sich um Flöten zu 10 und 12 Mark handelt. Das hohe „F“- zu blasen, ist auf fast allen Holzflöten ein unlösbares Problem.
Die Kunstharzflöten haben einen schrillen Klang und können mit einer einwandfreien Holzflöte nicht konkurrieren. Ihre Töne sind aber wesentlich genauer, als man es ihnen im allgemeinen nachsagt.
Das hohe „F“ kommt zufriedenstellend, wenn man richtig greift (1, 2, 4). Tatsächliche Unsauberkeiten sind geringfügig und vor allem bei jeder Flöte gleich, so daß im Spiel des gesamten Zuges kein Fehler auftritt. Einzelne fehlerhafte Flöten können bereits beim Kauf aussortiert werden. Diese Flöte braucht so gut wie keine Pflege.
Aus hygienischen Gründen wird man sie regelmäßig ausspülen. Temperatur- und Feuchtigkeitswechsel beeindrucken sie nicht. Nach drei bis vier Jahren sollte man aber einige Flöten im Zug auswechseln, weil sie durch schadhaftes Stopfen und abgegriffene Lochkanten gelitten haben.
Die Vorteile der praktischen Handhabung sprechen einwandfrei für die Kunstharzflöte, zudem ist sie sehr lautstark. Die Klangschönheit der Holzflöte wird durch die oft miserable Herstellungsqualität, die Verschiedenheit der Typen und die Anfälligkeit bei nicht optimaler Pflege durch alle Spieler zu einem Ergebnis führen, das meist schlechter ist als mit Kunststoffflöten. Hat man die Erzielung eines einheitlichen Klanges aller Spielleute der DDR als Ziel, so erscheint die Kunstharzflöte nicht nur als einzig mögliches, sondern sogar als sehr gutes Instrument, vom geringen Anschaffungspreis ganz zu schweige
Erhard Güttner, Komm. Spielmannszüge
Wir stellen vor:
Die Vorstellung der Kommissionen in der Zentralen Spielleutekommission wird heute fortgesetzt:
KOMMISSION KULTUR UND BILDUNG
Vorsitzender: Bernd Schenke, 705 Leipzig, Walter-Barth-Str. 7.
Mitglieder: Egon Hermann (Mühlhausen), Walter Ludwig (Pulsnitz), Helmut Winkler (Lauchhammer), Kurt Lohse (Magdeburg).
KOMMISSION KINDER UND JUGEND
Vorsitzender: Ernst Bartling, 1305 Oderberg, Neubau 5.
Mitglieder: Heinz Palwizat (Berlin), Rolf Ochsendorf (Magdeburg), Walter Bräuer (Schönborn), Herbert Torges (Roßlau), Alfred Rondio (Magdeburg).
KOMMISSION KAMPFRICHTER
Vorsitzender: Gerhardt Rissel, 7123 Engelsdorf, Stresemannstr. 2.
Mitglieder: Wolfgang Voigt (Jena), Rolf Böhme (Engelsdorf).
RECHTSKOMMISSION
Vorsitzender: Kurt Kellner, 7033 Leipzig, Dürrenberger Straße 15.
Mitglieder: Richard Spalteholz (Leipzig), Walter Koch (Hettstedt), Martin Bauer (Großpösna).
Für alle Sportfrreunde . . .
die uns in der Vergangenheit darum gebeten haben, veröffentlichen wir heute nochmals ein Abonnementsschein für den „tambour“.
Dieses Abonnement gilt für das II. Halbjahr 1968, beginnend am 1. Juli, endet am 31. Dezember 1968 mit der Dezemberausgabe 1968 und wird bei nicht rechtzeitiger Kündigung — Oktober 1968 (gleiches gilt für die abgegebenen Jahresabonnements 1968) — als Jahresabonnement für das Kalenderjahr 1969 übernommen.
Um einen reibungslosen Ablauf der Neueingänge von Abonnementen zu garantieren, ist der Abo-Schein sofort (spätestens bis 30. April 1968) an die Redaktion, Sportfreund Bernd Schenke, 705 Leipzig, Walter-Barth-Straße 7, zu senden. Die Abo-Gebühr ist ebenfalls zum gleichen Termin per Postanweisung an die Sportfreundin Regina Kellner, 7033 Leipzig, Dürrenberger Straße 15, zu überweisen.
Abonnementschein
Wir bestellen .................... Exemplare „der tambour“ zum halbjährlichen Bezugspreis von 3,— Mark.
Name der BSG: ...........................................................
Name des Verantwortlichen: ................................
Ort: ..................................................................................
Straße: ............................................................................
.....................................
Unterschrift
Diesen Schein bitte sofort an den Sportfreund Schenke senden.
Das Abonnement läuft ab 1. Juli 1968.
Herausgeber: Zentrale Spielleutekommission beim Präsidium des Bundesvorstandes des DTSB, Berlin — Verantwortlicher Redakteur: Bernd Schenke, Leipzig — Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 698 beim Ministerrat der DDR/Berlin — Satz und Druck: VEB typodruck, Werk Döbeln