Deutscher Turn- und Sportbund

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Deutscher Turn- und Sportbund
Gründung: 27./28.04.1957
Auflösung: 15.12.1990
Vorstand: Rudi Reichert (Präsident 1957-1961),
Manfred Ewald (Präsident 1961-1988),
Klaus Eichler (Präsident 1988-1990),
Martin Kilian (03/1990-Auflösung 15.12.1990)

Der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) war die zentrale, für den Sport zuständige, Massenorganisation der DDR.

Die Spielleute wurden durch die Zentrale Spielleutekommisson (ZSK) organisiert und geleitet.

Organisation

Der DTSB wurde als letzte Massenorganisation der DDR am 27./28. April 1957 gegründet und löste damit den Deutschen Sportausschuß (DS) ab. Gleichzeitig übernahm der DTSB einige wichtige Aufgaben des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport. Der DTSB wurde in der Praxis unmittelbar durch das ZK der SED angeleitet. Zuständig war die Abteilung Sport unter der Leitung von Rudi Hellmann. Erich Honecker (bis 1971), Paul Verner (1971–1984) und Egon Krenz (1984–1989) waren die verantwortlichen Politbüromitglieder für die Sportentwicklung in der DDR.

Als Präsident des DTSB wirkte von 1961 bis 1988 Manfred Ewald, der als Präsident des NOK, Vorsitzender der geheimen Leistungssportkommission sowie als Mitglied des ZK der SED die zentrale Rolle im DDR-Sportsystem innehatte. Der erste Präsident des DTSB von 1957 bis 1961 war jedoch Rudi Reichert. Nach Ewalds Entmachtung 1988 übernahm Klaus Eichler bis zur Wende seine Position. Martin Kilian leitete als letzter DTSB-Präsident 1990 die Auflösung des Sportbundes. Die meisten der im DTSB vertretenen Sportverbände traten einem Sportverband im Deutschen Sportbund (DSB) bei.

Entwicklung[1]

Anfänge des Sports in der sowjetischen Besatzungszone

Das Kontrollratsgesetz Nr. 2, das die Liquidierung nationalsozialistischer Organisationen zum Inhalt hatte, galt natürlich auch für die sowjetische Besatzungszone. Im Gegensatz zu den westlichen Besatzungszonen wurde die Kontrollratsdirektive Nr. 23 konsequent umgesetzt, nach der alle bisherigen Sportorganisationen bis zum 01.01.1946 aufzulösen waren. Die Sportförderung war nur noch auf kommunaler Ebene zulässig. Die sich bildenden kommunalen Sportgruppen (SG) wurden von den in allen Orten gebildeten antifaschistischen Jugendausschüssen geleitet. Als sich aus diesen Jugendausschüssen am 07.03.1946 der kommunistische Jugendverband Freie Deutsche Jugend (FDJ) formierte, übernahm dieser die Verantwortung für den Sport.

Anfangs wurde von der sowjetischen Militäradministration jeglicher Sportverkehr über Kreisgrenzen hinaus untersagt. Doch nach und nach wurden diese Bestimmungen gelockert. Ab 22.03.1948 durften unpolitische Organisationen, also auch Sportvereine gegründet werden. In mehreren Etappen fielen bis zum Sommer 1948 auch die noch bestehenden Einschränkungen bei den Vereinsnamen.

Um den zunehmenden Sportverkehr besser organisieren zu können, wurde am 01.10.1948 der Deutsche Sportausschuß (DS) gebildet. Schwerpunkt der Arbeit war der Massensport, allerdings sollte auch eine Leistungsspitze aufgebaut und gefördert werden. Zur FDJ gesellte sich als weiterer Träger der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB = Einheitsgewerkschaft in der DDR). Die bisher kommunal organisierten Sportgruppen hatten sich einem Trägerbetrieb anzuschließen. So entstanden ab März 1949 in großem Stil und auf massiven politischen Druck hin die ersten Betriebssportgemeinschaften (BSG).

Deutscher Sportausschuß in der DDR (DS)

Bis Anfang des Jahres 1950 hatten sich außer in Ostberlin (dort bis Ende 1951) alle Sportgruppen einem Trägerbetrieb anschließen müssen und waren Betriebssportgemeinschaften geworden.

Auch der DS organisierte sich um. 18 Sportvereinigungen (SV) für 18 Wirtschaftszweige bildeten die neue Struktur:

  • SV Aktivist,
  • SV Aufbau,
  • SV Chemie,
  • SV Dynamo,
  • SV Einheit,
  • SV Empor,
  • SV Fortschritt,
  • SV Lokomotive,
  • SV Medizin,
  • SV Motor,
  • SV Post,
  • SV Rotation,
  • SV Stahl,
  • SV Traktor,
  • SV Turbine,
  • SV Vorwärts,
  • SV Wismut (Am 12.05.1950 als erste Sportvereinigung gegründet.) und
  • SV Wissenschaft.

Alle BSG wurden einer Sportvereinigung zugeordnet und hatten als Vereinsnamen den Namen der SV zu übernehmen. So entstanden die bekannten Vereinsnamen wie Motor, Vorwärts, Lok usw.

Die sportfachliche Zuständigkeit blieb bei den 1948 gebildeten Zentralen Sparten, die ab Ende 1950 in Sektionen umgebildet wurden.

Die DDR-Führung hatte recht bald den Spitzensport als Mittel erkannt, um politische Bedeutung zu erlangen. Der Spitzensport sollte durch das 1952 gebildete Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport beim Ministerrat der DDR zentral gefördert werden. Gleichzeitig wurde eine Abteilung Sport beim ZK der SED (Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland = höchstes Organ der herrschenden kommunistischen Partei zwischen den Parteitagen) eingerichtet. Wie alle Organisationen erhielt auch der DS hinfort seine Anweisungen direkt von Partei und Regierung. Doch noch waren Spitzenleistungen rar, blieben Erfolge eher bescheiden. So wurden ab Herbst 1954 innerhalb der Sportvereinigungen Sportclubs (SC) als Zentren des Leistungssport gebildet, in denen die Spitzensportler konzentriert und gefördert werden sollten.

Bedingt durch die Doppelträgerschaft von FDJ und FDGB hatte der DS keine wählbaren Organe.

Leiter des DS
01.10.1948-23.03.1949 Waldemar Borde
23.03.1949-15.01.1951 Ernst Horn
15.01.1951-19.09.1952 Fred Müller
19.09.1952-27.04.1957 Rudi Reichert

Deutscher Turn- und Sportbund (DTSB)

Die Organisationsstruktur des Deutschen Sportausschußes mit den 18 Sportvereinigungen und nur administrativ tätigen Sektionen erwies sich im Hinblick auf die vor allem auch aus politischen Gründen (Anerkennung der DDR als eigenständiger Staat) angestrebte Mitgliedschaft in den internationalen Föderationen als wenig vorteilhaft. Der am 28.04.1957 gegründete Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) bildete die Sektionen 1958 in Sportverbände um. Aus der Sektion Fußball entstand also beispielsweise der Deutsche Fußball-Verband (DFV).

Damit war die Organisation des DDR-Sports der international üblichen angeglichen worden. An der zentralistischen Führung änderte sich jedoch nichts. Die Sportverbände hatten lediglich durchführende Aufgaben zu erfüllen. Die Sportvereinigungen spielten zukünftig bis auf die SV Dynamo (Sportvereinigung der Volkspolizei und der Staatssicherheit) und die SV Vorwärts (Sportvereinigung der Nationalen Volksarmee - NVA) nur noch eine unbedeutende Rolle.

Die regionalen Grundorganisationen blieben neben den SC (als Leistungssportzentren), die Betriebssportgemeinschaften, sowie die den BSG gleichgestellten Hochschulsportgemeinschaften (HSG), Fachschulsportgemeinschaften (FSG), Schulsportgemeinschaften (SSG), Wohnsportgemeinschaften (WSG) und Armeesportgemeinschaften (ASG).

Der DTSB gliederte sich in 15 Bezirksorganisationen, die jeweils weiter auf Kreis-, Stadt- und Stadtbezirksebene unterteilt waren. Die Armeesportvereinigung Vorwärts der NVA sowie die Sportvereinigung Dynamo gehörten dem DTSB offiziell mit dem Status einer Bezirksorganisation an, waren de facto aber eigenständig.In der politischen Wendezeit des Herbstes 1989 versuchte die DTSB-Führung anfangs das Überleben. So beriet der Bundesvorstand auf seiner 15. Tagung die „Aufgaben der Sportorganisation in einer sich erneuernden DDR”. Eichler ließ sich auf dieser Tagung am 30.11.1989 sogar noch einstimmig in seinem Amt bestätigen. Auf einer außerordentlichen Tagung am 12.12.1989 in Kienbaum sah sich der gesamte Bundesvorstand allerdings zum Rücktritt gezwungen. Es wurde ein 25-köpfiger Arbeitsausschuss gewählt, der bis zum März die Verantwortung übernahm. Die neue Regierung beschlagnahmte am 21.06.1990 das Vermögen des DTSB und stellte es unter Treuhandschaft. Nach der demokratischen Neugründung der Länder gründeten sich bis Ende September auch fünf Landessportbunde (LSB). Diese beschlossen am 22.09.1990 die Aufnahme in den Deutschen Sportbund der Bundesrepublik Deutschland auf dem außerordentlichen Bundestag am 14.12.1990 in Hannover zu beantragen.

Am 05.12.1990 tagte der DTSB zum letzten Mal und beschloss seine sofortige Selbstauflösung.

Präsidenten des DTSB
28.04.1957-27.05.1961 Rudi Reichert
27.05.1961-05.11.1988 Manfred Ewald
05.11.1988-12.12.1989 Klaus Eichler
12.12.1989-03.03.1990 Prof. Dr. Hans-Georg Herrmann, amtierend
03.03.-05.12.1990 Martin Kilian

Breitensport

1989 hatte der DTSB rund 3,7 Millionen Mitglieder, also über zwanzig Prozent der DDR-Bevölkerung. Die sportliche Betätigung stand durchaus im Interesse der Staatsführung. Vor allem Kinder und Jugendliche sollten zum Sporttreiben motiviert werden und wurden flächendeckend in Schulsportgemeinschaften organisiert. Für die Sportförderung wurden auch ganze Gemeinden ausgezeichnet mit einer Ehrenplakette wie in Bechstedt-Wagd.

Die gewerkschaftlichen Betriebssportgemeinschaften waren die Grundorganisation des DTSB in den Volkseigenen Betrieben, die als Trägerbetriebe fungierten.

Weblinks

Einzelnachweise