Die Militärmusik in der DDR
Musikdirektor Werner Kunath schreibt aus der sächsischen Blasmusikgeschichte
Die Militärmusik während der DDR – Zeit In den vergangenen Jahren erschienen in der Folge „Aus Sachsens Blasmusikgeschichte“ unter anderen Artikel über Stadtpfeifer, Hof- und Feldtrompeter, Trompeterkorps, Militärmusik im Königreich Sachsen, Musikvereine, historische sächsische Märsche, Bläserausbildung usw. In den Ausgaben 2/03 und 3/03 wurde über das Blasmusikwesen in der ehemaligen DDR berichtet. Um eine Lücke im Geschichtsverlauf der Entwicklung der Blasmusik zu schließen, soll nun über die Militärmusik in der DDR informiert werden.
Auszüge aus der Artikelserie „Die Militärmusik in der DDR“ in der Zeitschrift „Mit klingendem Spiel“ der Deutschen Gesellschaft für Militärmusik. Autor MD Werner Kunath.
Vorbemerkungen
Über vierzig Jahre Militärmusik in einem Teil Deutschlands, der ehemaligen DDR, sind ein Kapitel Militärmusikgeschichte, das nicht negiert werden darf. Für viele Militärmusiker waren diese Jahrzehnte ihr Lebensinhalt. Wenn hier hauptsächlich über die Militärmusik der Armee berichtet wird, so schließt das ein, dass die Entwicklung der Polizeiorchester in den meisten Belangen ähnlich verlief.
Nach Schaffung der ersten Polizeistrukturen in den Jahren 1 945/46 in den damaligen Ländern der DDR wurden in der Folgezeit Landespolizeiorchester in unterschiedlichen Stärken von 35-40 Musikern gebildet. Die Entstehungsdaten waren verschieden, da die Landesbehörden darüber die Entscheidung hatten. Die Standorte:
Berlin, Potsdam, Schwerin, Halle, Erfurt, Dresden
Hervorragenden Anteil an der Gründung und Profilierung dieser ersten uniformierten Blasorchester hatte Willi Kaufmann, der Chef des Berliner Polizeiorchesters, später Oberst, MD und Musikinspizient der Volkspolizei. Sein Orchester entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem exzellenten, beispielgebenden Klangkörper. Im Jahr 1948 wurde aus Teilen der Volkspolizei die Deutsche Grenzpolizei mit eigenem zentralen Kommando aufgestellt und 1953 das Zentrale Orchester der Deutschen Grenzpolizei mit 52 Planstellen gegründet. (Leiter des Orchesters: Willi Heiß, ein ehemaliger Stabsmusikmeister, Standort Sondershausen, später Erfurt und ab 1961 Stabsmusikkorps der Grenztruppen der NVA.)
Am 01. Juli 1952 wurde dann die Kasernierte Volkspolizei (KVP) mit eigener Hauptverwaltung im Unterstellungsverhältnis des Ministeriums des Innern formiert. Struktur und Dienstgrade hatten militärischen Charakter: Landstreitkräfte mit allen Waffengattungen, See- und Luftstreitkräfte als Vorläufer der späteren NVA.
Schon im September 1 95 1 war Heinz Schulz, der spätere Oberst und MD, als Musikinspizient berufen und mit dem strukturellen Aufbau der Militärmusik beauftragt worden. Bis 1972 leistete er als oberster Militärmusiker in dieser schwierigen Anfangsphase unermüdliche energische Aufbauarbeit, wobei er sich bei seinen Vorgesetzten nicht immer beliebt machte. Ihm hat die Militärmusik der DDR viel zu verdanken.
Als Grundlage für die Struktur der Kapellen wurde das damalige Muster der in der DDR stationierten sowjetischen Militärkapellen festgelegt. Es entstanden ca. 55 Kapellen mit folgenden Standorten: Berlin, Löbau, Brandenburg, Mühlhausen, Burg/bei Magdeburg, Naumburg, Burg Stargard, Neubrandenburg, Cottbus, Oranienburg, Dresden, Plauen, Döbeln, Peenemünde, Dessau, Potsdam, Doberlug-Kirchhain, Prenzlau, Dranske/Rügen, Rostock, Erfurt, Rudolstadt, Eggesin, Schwerin, Frankenberg, Spremberg, Frankfurt/Oder, Strausberg, Gera, Stralsund, Görlitz, Sondershausen, Gotha, Torgau, Großenhain, Torgelow, Halle, Weißenfels, Kamenz, Zwickau, Klietz, Leipzig. In einigen Standorten (z.B. Leipzig, Dresden, Erfurt) bestanden mehrere Kapellen. Diese kleinen Musikformationen hatten einen Stellenplan für 9 Musiker und einen “Obermusiker“. (So die damalige offizielle Bezeichnung für den Leiter.)
Schon nach kurzer Zeit wurden die Stellenpläne erhöht auf 12 Musiker und 1 Offizier bei den Offiziersschulen und 18 Musiker und 1 Offizier bei den Bereitschaften (entsprach etwa Regiment).
Die Aufgaben dieser kleinen Militärkapellen Waren ebenfalls der Sowjetarmee angepasst. Sie beschränkten sich im wesentlichen auf die Belange der Dienststellen, denen sie unterstellt waren. Zum Beispiel: Frühsportmusik, Mittagsmusik, Appelle, Wachvergatterung, Hornist vom Dienst beim Offizier Außerdem wurde auch verhältnismäßig oft im zivilen Bereich für die Bevölkerung gespielt (Volks- und Betriebsfeste, Mittagsmusik in Betrieben, Tanzmusik usw.). In größeren Garnisonsstädten und bei höheren Kommandostäben wurde es üblich, Kapellen mehrerer Truppenteile zu größeren Orchestern zusammen zu fassen. Nur dort war dann auch echte künstlerische Arbeit möglich. Bei den Kommandos der Seestreitkräfte (Rostock), der Luftstreitkräfte (Cottbus) und bei den zwei Militärbezirken der Landstreitkräfte (Leipzig, Neubrandenburg) waren Orchester mit Besetzungen von 35- 40 Musikern gegründet worden. In Berlin entstand als Repräsentationsorchester das Zentrale Orchester der KVP (später der NVA), das sein erster Leiter Major MD Hans-HeImut Hunger zu einem hohen Leistungsstand führte. Eine Besonderheit: Im Zentralen Orchester und auch im Orchester der Luftstreitkräfte Cottbus wurde in der ersten Zeit des Bestehens auch Streichmusik (sinfonische Besetzung) gepflegt; später dann allerdings ausschließlich Blasmusik. Im Jahre 1952 wurde auch das Orchester des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin gegründet. Erster Leiter war Major Mitsching. Die khakifarbenen Uniformen der KVP waren dem Schnitt nach den sowjetischen ähnlich. Dienstgrade waren: Soldat, Gefreiter, Stabsgefreiter, Unteroffizier, Feldwebel, Oberfeldwebel, Unterleutnant (neu!), Leutnant, Oberleutnant, Hauptmann, Major, Oberstleutnant, Oberst, Generalmajor, Generalleutnant. Die Musiker trugen auf den Schulterstücken neben dem Dienstgrad die traditionelle Lyra, - Soldaten und Unterführer silberfarben, Offizier goldfarben.
Gründung/Entwicklung (NVA)
Die Gründung der Nationalen Volksarmee am 1 . März 1 956 (Gesetz der Volkskammer vom 18. Januar 1 956) brachte für die Militärmusik entscheidende Veränderungen und damit eine reale Basis für militärmusikalische Entwicklungsmöglichkeiten. Schon bei der Kasernierten Volkspolizei waren viele ehemalige Militärmusiker (Wehrmacht) eingestellt worden. Einige frühere Musikmeister, Obermusikmeister, Stabsmusikmeister, übernahmen die Leitung der größeren Orchester. Bei der Übernahme in die neu gebildete.
Armee hatten diese erfahrenen Militärdirigenten wesentlichen Einfluss auf die neu zu schaffende Dienstordnung für die Militärmusik. Ihnen ist zu verdanken, dass bestimmte traditionelle Elemente der deutschen Militärmusik, die sich von der kaiserlichen Armee über Reichswehr bis zur Wehrmacht fast unverändert erhalten hatten, übernommen wurden. Diese Militärkapellmeister waren:
Karl Bräunig in Leipzig, Ludwig Schmidt in Rostock, Willi Heiß in Erfurt, Walther Linack in Halle, Horst Hoffmannbeck in Cottbus, Erich Rönisch in Görlitz/Löbau.
Zu den traditionellen Überlieferungen gehörte vor allem die Gestaltung des militärmusikalischen Zeremoniells: Die exakte Zeichengebung (Instrumentenhaltung, Instrumente hoch und ansetzen, Abreißen des Marsches, Instrumente absetzen und runter) und das Dirigieren mit dem langen Taktstock für Marschmusik (60-65 cm lang schwarz mit weißer Spitze). Das Aus- und Nachschwenken bei Vorbeimärschen/Paraden in breiter Front oder in Gruppen wurde in allen Einzelheiten unverändert übernommen, einschließlich Paradeschritt. Den Tambourstab führte nur der Leiter des Spielmannszuges. (Deutsche Art, Knauf nach unten) Offiziell wurden die Bezeichnungen “Musikkorps“ (MK) und “Stabsmusikkorps“ (SMK) festgelegt. Der Schellenbaum in seiner überlieferten Form wurde wieder eingeführt. Die Lyra auf den Schulterstücken als Musikerabzeichen wurde beibehalten. Die Militärmusiker erhielten an der nun steingrauen Uniform auch wieder die traditionellen Schwalbennester. Später wurden sie allerdings nur noch an der Paradeuniform getragen. (Silberne Litzen, unterlegt mit: Landstreitkräfte weiß, Luftstreitkräfte hellblau, Grenztruppen grün, Musikkorps ohne Fransen, Stabsmusikkorps mit Fransen, Offiziere trugen keine Schwalbennester.) Die traditionellen Kragenlitzen für Unterführer wurden wieder eingeführt. Zur Ausstattung der Offiziere gehörten neu die silberdurchwirkte sogenannte Feldbinde (Paradeuniform) und ein Ehrendolch. Etwas später kam dazu eine Repräsentationsschnur für Offiziere und eine ähnliche für Militärmusiker (Auftrittsuniform). Die Orientierung an die Sowjetarmee während der Zeit der Kasernierten Volkspolizei wurde 1956 zum großen Teil durch die Einführung deutscher militärmusikalischer Traditionen abgelöst.
Struktur / Dislozierung
Mit der Schaffung der Armee (NVA) wurden die Kapellen und Orchester der KVP aufgelöst und 31 Musikkorps und 1 Spielmannszug aufgebaut. Die Dislozierung ergab sich aus den neuen Unterstellungsverhältnissen und auch aus den bisherigen Standorten (größere Garnisonen). Von diesen 3 1 Musikkorps wurden 1959 bereits 8 Musikkorps wieder aufgelöst da die Planstellen anderweitig benötigt wurden. Es bestanden dann bis zur Auflösung der NVA 1990 23 Orchester (dazu ab 1976 das Orchester der Militärmusikschule Prora) und l Spielmannszug in folgender Struktur:
- Zentrales Orchester – 70 / 72 Militärmusiker / 4 Offiziere
- 4 Stabsmusikkorps der Teilstreitkräfte:bis 1976 - 48 Militärmusiker / 2 Offiziere, dann je 43 Militärmusiker /2 Offiziere
+ Landstreitkräfte
+ Volksmarine
+ Luftstreitkräfte/Luftverteidigung
+ Grenztruppen
-1 Stabsmusikkorps der Stadtkommandantur Berlin, 43 Militärmusiker / 2 Offiziere Zum Stabsmusikkorps Berlin gehörte der Spielmannszug der NVA
- 17 Musikkorps, je 28 Militärmusiker /1 Offizier (bis 1976 27 Militärmusiker /1 Offizier) Dazu kam ab 1975 das Orchester der Militärmusikschule.
Unterstellung:
- Zentrales Orchester - Ministerium für Verteidigung
- Stabsmusikkorps - Kommandos der Teilstreitkräfte
- Musikkorps - Divisionen, Offiziershochschulen, Flotillen
Besetzungen:
Zentrales Orchester:
4 Flöten / Pikkolo 6 Waldhörner
2 Oboen 6 Trompeten
1 Englischhorn 5 Posaunen
1 As-Klarinette 5 Schlagzeug
1 Es-Klarinette 5 Flügelhörner
13 B-Klarinetten 3 Tenorhörner
1 Bass-Klarinette 2 Bariton
2 Fagotte 4 Tuben / Sousafon
1 Kontrafagott 4 Kontrabässe
5 Saxofone 1 Harfe
Besetzungen:
Stabsmusikkorps
3 Flöten / Piccolo 3 Schlagzeug
1 Oboe / Englischhorn 2 Flügelhörner
1 Es-Klarinette 2 Tenorhörner
8 B-Klarinetten 1 Bariton
1 Fagott 3 Tuben / Kontrabass
5 Saxofone
4 Waldhörner
5 Trompeten
4 Posaunen
Musikkorps:
2 Flöten / Piccolo 2 Schlagzeug
1 Oboe 2 Flügelhörner
1 Es-Klarinette 1 Tenorhorn
6 B-Klarinetten 1 Bariton
1 Fagott 2 Tuben
3 Waldhörner
3 Trompeten
3 Posaunen
Alle Besetzungen konnten in der Praxis auch gering variieren. Bei Bedarf wechselten einige Musiker auf E-Gitarre, Bassgitarre. Keyboard usw.
Standorte:
- Zentrales Orchester der NVA – Berlin
- Stabsmusikkorps der Landstreitkräfte – Leipzig
- Musikkorps der Militärakademie – Dresden
- Musikkorps der Offiziershochschule der Landstreitkräfte – Görlitz
- Musikkorps der Landstreitkräfte – Erfurt
- Musikkorps der Landstreitkräfte – Halle
- Musikkorps der Landstreitkräfte – Potsdam
- Musikkorps der Landstreitkräfte – Schwerin
- Musikkorps der Landstreitkräfte – Neubrandenburg
- Musikkorps der Landstreitkräfte – Eggesin
- Stabsmusikkorps der Volksmarine - Rostock
- Musikkorps der Offiziershochschule der Volksmarine – Stralsund
- Musikkorps der Volksmarine – Warnemünde
- Musikkorps der Volksmarine – Peenemünde
- Musikkorps der Volksmarine – Dranske / Rügen
- Stabsmusikkorps der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung – Cottbus
- Musikkorps der Offiziershochschule der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung – Kamenz
- Musikkorps der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung – Trollenhagen
- Stabsmusikkorps der Grenztruppen – Erfurt
- Musikkorps der Offiziershochschule der Grenztruppen – Suhl
- Musikkorps der Grenztruppen – Plauen
- Musikkorps der Grenztruppen – Madeburg
- Stabsmusikkorps der Stadtkommandatur – Berlin
- Sielmannszug der Stadtkommandatur – Berlin
- Orchester der Militärmusikschule – Prora / Rügen
Gesamtplanstellen Stand 1985 (ohne Militärmusikschule):
780 Militärmusiker, 32 Offiziere (mit Stellvertretern des ZO und der SMK)
- Insgesamt 812 Militärmusiker
Bereits 1959 waren folgende Musikkorps wieder aufgelöst worden: Frankenberg, Großenhain, Strausberg, Frankfurt / Oder, Dessau, Gera, Brug / bei Magdeburg, Oranienburg.
In Sachsen waren also fünf Militärorchester stationiert.
Deren Leiter in Reihenfolge, jeweils höchster Dienstgrad:
- Stabsmusikkorps der Landstreitkräfte in Leipzig
Oberstleutnant MD Karl Bräunig
Oberstleutnant MD Werner Kunath (1983 berufen zum Musikinspizienten der Gesellschaft für Sport und Technik, GST)
Major Heinz Papke
Hauptmann Lutz Kühnert (1987-1990)
- Musikkorps der Offiziershochschule der Landstreitkräfte Görlitz
Major Erich Rönisch
Major Fritz Golm
- Musikkorps der Militärakademie in Dresden
Major Karl Vogel
Major Christian Menzel
-Musikkorps der Offiziershochschule der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung in Kamenz
Major Gerhard Friedrich
Hauptmann Christian Wagner
-Musikkorps der Grenztruppen in Plauen
Major Alfred Lehmann
Major Erich Steinacker
Major Siegfried Jentsch
Dazu kamen die drei Standortmusikkorps des Ministeriums des Innern (Polizei):
Dresden, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Leipzig.
Ende 1990 wurden alle Militärorchester der NVA aufgelöst. Auch die Polizeiorchester Leipzig und Chemnitz wurden abgewickelt. Seitdem gibt es im Freistaat Sachsen kein Militärorchester mehr. Als einziges Blasorchester in Uniform verblieb das Polizeiorchester Dresden. Als Militärorchester ist nun das Heeresmusikkorps 2 Kassel (!) für Sachsen zuständig
Führung der Musikkorps (MK) und Stabsmusikkorps (SMK) - NVA:
Die gesamte fachliche Führung der Militärmusik oblag dem Musikinspizienten als Mitglied des Ministeriums für Verteidigung. Von 1951 bis 1972 trug Oberst MD Heinz Schulz in dieser Funktion die Verantwortung für die Militärorchester. Als er 1972 mit einer anderen Aufgabe (Vorbereitung des Aufbaus der Militärmusikschule) betraut wurde, berief der Minister Oberst Gerhard Schröder zum Musikinspizienten.
Die Leiter der SMK / MK waren auch die militärischen Kommandeure. Das Zentrale Orchester und die Stabsmusikkorps besaßen den Status einer selbständigen Einheit / Dienststelle.
Zentrales Orchester
Dienststellung Planstelle
Leiter/Chefdirigent Oberst
Stellv. Leiter Oberstleutnant
2. Stellv. Leiter Major
Polit-Stellvertreter Oberstleutnant
Korpsführer und Stabsfeldwebel,
Registerführer später Stabsoberfähnrich
Stabsmusikkorps
Dienststellung Planstelle
Leiter/Chefdirigent Oberstleutnant
Stellv. Leiter Major
Korpsführer und Stabsfeldwebel,
Registerführer später Stabsoberfähnrich
Musikkorps
Dienststellung Leiter
Leiter Major
Korpsführer / Stabsfeldwebel,
stellv. Leiter später Stabsoberfähnrich
Eine wichtige Position nahm der Korpsführer ein. Er war als Innendienstleiter für die innere Ordnung verantwortlich, vergleichbar dem Hauptfeldwebel (“Spieß“) im Truppendienst. Hauptfeldwebel war kein Dienstgrad, sondern eine Dienststellung. In den Musikkorps war der
Korpsführer zugleich Stellvertreter des Leiters. Das Zentrale Orchester hatte als einziges
Militärorchester einen stellenplanmäßigen Stellvertreter für politische Arbeit. Im Jahre 1987 erhielten alle Orchester weitere Offiziersstellen (Planstelle Hauptmann): Die MK eine Stelle für den Stellvertreter des Leiters, die SMK zwei Stellen für die Registerführer und das ZO sechs Stellen, ebenfalls für die Registerführer.
Disziplinarbefugnisse der Leiter:
(gemäß DV 10/0/006)
Leiter des Zentralen Orchesters – Regimentskommandeur
1. Stellvertreter - Bataillonskommandeur
Korpsführer - Hauptfeldwebel
Leiter Stabsmusikkorps - Bataillonskommandeur eines selbstständigen Bataillons
Stellvertreter - Kompaniechef
Korpsführer - Hauptfeldwebel
Leiter Musikkorps - Kompaniechef
Korpsführer/Stellvertreter -Hauptfeldwebel
Die Fahrzeuge der Orchester gehörten zum Stellenplan und damit in die Zuständigkeit der Leiter.
Musikkorps 1 Omnibus
1 Spezialfahrzeug (LKW) für Instrumente
Stabsmusikkorps 2 Omnibusse
und ZO 1 Spezialfahrzeug (LKW) für Instrumente
1 PKW
Die Kraftfahrer, 2 im MK und 4 im SMK / Z0, gehörten als Zivilangestellte, zum Stellenplan der Orchester. 1964 erhielten die SMK weitere 3 Zivilstellen:
1 Referent für Planung/Organisation, 1 Sängerin und 1 Sänger.
Das ZO hatte 2 Sängerinnen und 1 Sänger, 1 Referenten.
Zu den schon bestehenden Polizeiorchestern kamen 1959 noch vier Neugründungen dazu. Die offizielle Bezeichnung “Standortmusikkorps des Ministeriums des Innern“ wurde eingeführt. Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern Berlin, Standortmusikkorps des Ministeriums des Innern (Mdl) Potsdam, Schwerin, Halle, Erfurt, Dresden
Ab1959 Magdeburg, Leipzig, Frankfurt / Oder, Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt)
Das Zentrale Orchester. hatte Planstellen für 70 Musiker, 4 Offiziere, Sängerin und Sänger als Zivilangestellte.
Die Standortmusikkorps hatten Planstellen für 34 Musiker, 2 Offiziere, 1 Sänger als Zivilangestellter.
Gesamt: ca. 399 Polizeimusiker.
Eine Besonderheit der Militärmusik der ehemaligen DDR bildete das Erich – Weinert – Ensemble. Es war am 15. Juli 1950 als Zentrale Kulturgruppe der Deutschen Volkspolizei gegründet und 1956 in die NVA übernommen worden. Als selbständige Institution war es direkt dem Ministerium für Verteidigung unterstellt. Es setzte sich zusammen aus: Großes sinfonisch besetztes Orchester (Streichmusik), Männerchor, Ballett, Tanzorchester mit Solisten, Doppelquartett, Kabarett „Die Kneifzange. Jährlich wurden 1 - 2 Großprogramme für das gesamte Ensemble erarbeitet. Daneben liefen Einzelprogramme der Gruppen, z.B. Konzerte des Sinfonieorchesters, Kabarettveranstaltungen, Solistenabende, Chorkonzerte u. a.. Damit war es möglich, auch kleinere Dienststellen künstlerisch zu betreuen.
Soziale Stellung der Militärmusiker
Die Besoldung der Militärmusiker war im Rahmen damaliger gesellschaftlicher Verhältnisse recht gut, vergleichbar etwa mit den zivilen staatlichen Theater- und Sinfonieorchestern. Anfangs betrug das Grundgehalt für Soldat bis Stabsgefreiter 350.-M monatlich, für Unterführer 400,- M. Dazu konnten Leistungsstufen in Höhe von 50,-100, oder 150,- M gezahlt werden, außerdem standen Außenwohnenden Verpflegungs- und Wohnungsgeld zu. Von diesen bescheidenen Anfängen erhöhten sich die Dienstbezüge (Gehalt) im Laufe der Jahre entsprechend der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards. Auch die Leistungszulagen wurden Anfang der 60er Jahre erhöht. Die Dienstbezüge setzten sich dann später zusammen aus:
Grundgehalt bestehend aus:
Dienstgradvergütung,
Dienststellungsvergütung,
Dienstalterszulage, (nach 5 Dienstjahren 5 % des Grundgehalts, nach 10 Dienstjahren 10 % des Grundgehalts, nach 1 5 Dienstjahren 1 5 % des Grundgehalts, nach 20 Dienstjahren 20 % des Grundgehalts)
- Leistungszulage,
-. Wohngeld,
- Verpflegungsgeld.
Leistungszulagen (Leistungsstufen) konnten gezahlt werden für Musikkorps bis zu 300,- M monatlich, für Stabsmusikkorps bis zu 400,- M monatlich, für Zentrales Orchester bis zu 450 / 475,- M. Über die Höhe der Leistungszulage, die dem einzelnen Militärmusiker gewährt wurde, entschied durch Befehl der Leiter des MK / SMK /ZO. Vom Gesamtbruttogehalt (Grundgehalt, Dienstalterzulage, Leistungszulage) gingen 10 % Sozialversicherungsbeitrag ab, wogegen im zivilen Bereich generell 60,- M monatlich gesetzlich festgelegt waren. Der Jahresurlaub war gestaffelt nach, Dienstalter. Grundurlaub waren 30 Kalendertage. Ein Militärmusiker mit 20 Dienstjahren bekam dann 42 Kalendertage Erholungsurlaub jährlich. Da die MK nur geschlossen Urlaub nehmen konnten, war dieser jährlich voraus zu planen. Es war üblich ‚den gesamten Urlaub in 4 Wochen Sommerurlaub und 2 Wochen Winterurlaub zu teilen. Musiker die auf Grund geringer Dienstzeit weniger Urlaubsanspruch hatten, machten den gesamten Urlaub trotzdem mit. Sie erhielten für diese Zeit besondere Aufgaben wie z.B. Notenschreiben. Innerhalb der Teilstreitkräfte wurde die Urlaubsplanung unter den MK / SMK abgestimmt.
Fortsetzung folgt in Sachsens Bläserpost 2 / 2005
Ausgabe 01 / 2005 | Artikel 16
Musikdirektor Werner Kunath schreibt aus der
sächsischen Blasmusikgeschichte
Die Militärmusik während der DDR - Zeit
Fortsetzung aus Sachsens Bläserpost 1 / 2005
Auszüge aus der Artikelserie „Die Militärmusik in der DDR“ in der Zeitschrift „Mit klingendem Spiel“ der Deutschen Gesellschaft für Militärmusik.
Soziale Stellung der Militärmusiker
Die Beförderungsbestimmungen zu den Dienstgraden machten ebenfalls eine positive Entwicklung durch. 1956 hatten die Orchester noch unterschiedliche Dienstgradplanstellen im MK z.B. 6 Oberfeldwebel, 10 Feldwebel, 7 Unteroffiziere, 4 Stabsgefreite. Die Planstelle des Leiters eines MK war Hauptmann, eines SMK Major, im ZO Oberstleutnant. Diese Leiterdienstgrade wurden dann auf Major im MK, Oberstleutnant im SMK und Oberst im ZO erhöht.
Nach Einführung des Dienstgrades Stabsfeldwebel konnte erst nur der Korpsführer diesen Dienstgrad erreichen. Später wurden alle Militärmusikerplanstellen Stabsfeldwebelstellen. Mit Schaffung des ersten Fähnrichdienstgrades, 10.12.1973 erhielten zunächst Korpsführer und Registerführer Fähnrichplanstellen. Nach Einführung der drei weiteren Fähnrichdienstgrade, 01.09.1979 ‚ wurden ab 1986 für alle Militärmusiker Fähnrichplanstellen genehmigt. Auf der Grundlage der Dienstlaufbahnbestimmungen konnten folgende Dienstgrade erreicht werden (Land, Luft, Grenze):
Unteroffiziersschüler
Unteroffizier
Unterfeldwebel
Feldwebel
Oberfeldwebel
Stabsfeldwebel
Fähnrich
Oberfähnrich
Stabsfähnrich
Stabsoberfähnrich
Marine:
Maatenschüler
Maat
Obermaat
Meister
Obermeister
Stabsobermeister
Fähnriche wie oben
Die Fähnriche waren keine Offiziersanwärter, sondern eine selbständige Dienstgradgruppe zwischen Unterführern und Offizieren. Die Leiter der Orchester hatten die Befugnis, Beförderungen bis zum Oberfeldwebel durch schriftlichen Befehl vorzunehmen. Beförderungen zum Stabsfeldwebel und den Fähnrichdienstgraden mussten der vorgesetzten Dienststelle eingereicht werden. Die Beförderungen waren von keinen Dienstgradprüfungen abhängig. Der Leiter entschied nach musikalischer Leistung und Allgemeinverhalten auf der Grundlage der Dienstlaufbahnbestimmungen für die Militärmusiker über die Beförderung. Diese besonderen Bestimmungen gestatteten schnellere Beförderung als im allgemeinen Truppendienst. Bewerber im Wehrpflichtalter ( 18-26 Jahre) konnten als Unteroffiziersschüler eingestellt werden und bereits nach 3 Monaten zum Unteroffizier ernannt werden. (Im Truppendienst nach 6 Monaten). Ältere Bewerber konnten mit Dienstgrad bis Stabsfeldwebel eingestellt werden. Einstellungsbedingung war ein bestandenes Probespiel. Stellenannoncen in zivilen Fachzeitschriften waren erlaubt. Der Personalstamm der MKJ / SMK / ZO bestand vorwiegend aus Berufssoldaten (Mindestverpflichtung 10 Jahre) und zu einem geringen Teil aus Zeitsoldaten (Mindestverpflichtung 3 Jahre)
Die Aufnahme Wehrpflichtiger war nur in besonderen Ausnahmefällen gestattet. Nach 25 Dienstjahren erhielt der Berufsunteroffizier / Berufsoffizier die Bestätigung der Altersversorgung der Armee ab Rentenalter (Rentenbescheid), konnte aber weiter dienen. Auch wenn er nach 25 Dienstjahren aus dem aktiven Dienst ausschied (Reserve), erhielt er mit Eintritt des Rentenalters (65 Jahre) diese Altersversorgung.
Sie betrug 75 % des letzten Bruttogehalts (Grundgehalt, Dienstalterszulage, Leistungszulage) Bis zum Beginn der Altersrente wurde eine Übergangsrente (30% der Altersrente) gezahlt, ganz gleich welche Tätigkeit der Betreffende ausübte. Der Militärmusiker war also für das Alter sozial abgesichert. Mit Vollendung des 25. Dienstjahres wurde außerdem eine einmalige Dienstprämie von 5000,- M gezahlt.
Für besondere Leistungen (Soli usw.) stand dem Leiter ein jährlich fest gelegter Prämienfond zur Verfügung, aus dem er solche Leistungen auch finanziell anerkennen konnte. Außerdem konnte er für herausragende Orchesterleistungen Sonderurlaub bis zu 3 Tagen für das gesamte Kollektiv aussprechen. Auch den Zivilangestellten der SMK / des ZO, die eine eigene Gewerkschaftsgruppe bildeten, stand ein jährlicher Prämienfond zu. Veranstaltungen im zivilen Bereich wurden durch Vertrag gebunden. Die Leiter waren berechtigt, solche Verträge auf der Grundlage der Finanzrichtlinien für die MK / SMK / ZO abzuschließen. (Anlage 2) Bis 1970 bestand dazu folgende Finanzregelung:
Es musste eine festgelegte jährliche Summe eingespielt und abgeführt werden. Diese Summen waren für die einzelnen MK / SMK nach ihren Spielbereichen und den damit gegebenen Möglichkeiten unterschiedlich gestaffelt. Was über dieser Summe lag, konnte an die Musiker ausgezahlt werden Der Leiter erhielt mehrere Teile. (Diese Art, eingespielte Gelder an die Musiker auszuzahlen, glich dem früheren „gewerblichen Spielen“ der Militärorchester.)
Ab 1970 trat dann mit der Anordnung 8/70 des Stellvertreters des Ministers und Chef der Politischen Hauptverwaltung eine neue Regelung in Kraft. Danach gingen alle Einnahmen auf ein Konto der zuständigen Finanzstelle. Von diesen Beträgen konnten dann vierteljährlich 50% als Prämien an die Musiker gezahlt werden. Der Leiter war daran mit mehreren Teilen
beteiligt, von der vorgesetzten Dienststelle festgelegt. Leistungsfähige und regsame MK / SMK erreichten dadurch ein recht beachtliches Taschengeld.
Außer den dienstlichen Angelegenheiten war der Leiter auch für viele soziale Belange seiner Militärmusiker verantwortlich (Beschaffung von Wohnung, Urlaubsplätze, Krippen-, Kindergarten- und Hortplätze, usw.)
Eine nicht unwichtige Rolle spielte auch das außerdienstliche gesellige Leben in den Orchestern. Dazu gehörten (Beispiel Stabsmusikkorps Landstreitkräfte Leipzig): Kameradschaftsabende mit Familienangehörigen, Herrenabende, Ausflugsfahrten mit Angehörigen, Schlachtfeste, Kinderweihnachtsfeiern im SMK-Objekt.
Ausbildung
Bei der Aufstellung der Kapellen der Kasernierten Volkspolizei hatte man viele ehemalige Militärmusiker der Wehrmacht eingestellt, die später in die neu gegründeten Musikkorps der NVA übernommen wurden. Ein Großteil von ihnen war in den früheren Stadtmusikschulen (,‚Stadtpfeifen) ausgebildet worden. Diese Ausbildung war qualitativ sehr unterschiedlich. Die Auswahl bei der Einstellung oblag dem jeweiligen Orchesterleiter (Probespiel). Aufgrund der allmählichen Verbesserung der sozialen Bedingungen der Militärmusiker bewarben sich zunehmend Absolventen der damals existierenden Fachschulen für Musik, die eine sehr gute Orchestermusikerausbildung erhalten hatten Das schuf die Möglichkeit, das musikalische Niveau der Orchester erheblich zu steigern. Diese Verbesserung der künstlerischen Leistungen der Orchester bewog auch Absolventen der Musikhochschulen in die Orchester einzutreten.
Vor allem im Zentralen Orchester und in den Stabsmusikkorps nahm in den 70er Jahren der Anteil der Hochschulabsolventen beachtlich zu. Außerdem delegierten verschiedene Leiter Fachschüler zu einem externen Studium an eine der vier Musikhochschulen.
Bereits 1968 / 69 / 70 mangelte es in den MK an qualifiziertem Nachwuchs, da eine Reihe der älteren Militärmusiker in Rente gingen.
Aus diesem Grunde wurde 1972 der Musikinspizient Oberst MD Heinz Schulz vom Ministerium beauftragt, die Bildung einer Militärmusikschule vorzubereiten. Diese Institution erhielt den Status einer Fachschule und wurde im September 1975 als Fachrichtung Militärmusik an der Technischen Schule „Erich Habersaat“ der Armee in Prora / Insel Rügen eröffnet. Als Direktor wurde Oberst MD H. Schulz eingesetzt. Bis zu seiner Pensionierung 1978 leistete er energische Aufbauarbeit. Danach berief das Ministerium Oberstleuntnant Hans Kochanowsky (später Oberst MD) zum Direktor. In einem 3 jährigen, später 4 jährigen Studium. wurden pro Studienjahr 30 angehende Militärmusiker ausgebildet.
Sie mussten einen guten Abschluss der damaligen polytechnischen Oberschule und eine musikalische Vorbildung an einer Musikschule oder in einem Jugendblasorchester nachweisen und eine Eignungsprüfung ablegen. Da die Schüler bei Studienbeginn allgemein erst 16 Jahre alt waren. musste die schriftliche Einwilligung der Eltern vorliegen. Auch war mit Zustimmung der Eltern eine Verpflichtungserklärung für mindestens 1 0 Jahre Militärmusikdienst (Berufssoldat) abzugeben.
In den ersten zwei Jahren waren die Schüler Zivilbeschäftigte der Armee, die ein Fachschulstipendium in Höhe von 1 60,- M erhielten. Im Dienst trugen sie Uniform ohne Dienstgrad mit dem Kennzeichen der Militärmusikschule - Lyra statt Kragenspiegel. Zu Beginn des 5. Studienhalbjahres und dem Erreichen des 1 8. Lebensjahres erfolgte die Übernahme als Unteroffiziersschüler in den Wehrdienst. Ab dem 6. Studienhalbjahr wurden sie zum Unteroffizier befördert. Als Unteroffiziersschüler erhielten sie 200.- M und als Unteroffizier 550.- M Dienstbezüge monatlich. Verpflegung, Unterkunft und Bekleidung waren während des Studiums kostenlos. Nach dem bestandenen Abschlussexamen erreichten die Absolventen den Dienstgrad Feldwebel und mit der Abschlussnote „Sehr gut‘ den Dienstgrad Oberfeldwebel und wurden in die MK / SMK versetzt. Der Bedarf der einzelnen MK / SMK und der Einsatz der Absolventen wurde auf den jährlichen Orchesterleiterkonferenzen besprochen.
Um allen Militärmusikern der MK / SMK / ZO einen Anreiz zu bieten, ihr solistisches Können weiter zu vervollkommnen, wurden ab 1980 Interpretenwettbewerbe angewiesen. Für die Ausscheide wurden 3 Leistungsgruppen festgelegt:
Militärmusiker bis 35 Jahre
Militärmusiker über 35 Jahre
Militärmusikschüler der Fachrichtung Militärmusik.
Diese Interpretenwettbewerbe fanden 1980, 1982 und 1984 statt. Danach wurden sie leider abgesetzt. Innerhalb der Teilstreitkräfte (Land. Luft, Marine, Grenze) wurden bei den SMK in der Verantwortung der Leiter der SMK Vorausscheide durchgeführt, zu denen die MK ihre besten Musiker zu delegieren hatten. Auf diesen Vorausscheiden wurden die Teilnehmer am zentralen Endausscheid nominiert. (1980 und 1982 Berlin, 1984 Rostock)
Die besten Interpreten zeichnete die Jury mit Preisen und Diplomen aus. Den Abschluss der Weltbewerbe bildete jeweils die Preisverleihung und ein Galakonzert der Preisträger. Der Sinn dieser lnterpretenwettbewerbes bestand darin, das solistische Musizieren in den Militärorchestern zu fördern, den künstlerisch fähigsten Militärmusikern Möglichkeiten und Aufgaben für solistische Kreativität zu geben und die Erfahrungen und Methoden bei der Arbeit mit lnstrumentalsolisten für die musikfachliche Profilierung der Militärorchester zu verallgemeinern.
Zur Heranbildung und Qualifizierung von befähigten Musikern zu Orchesterleitern wurden anfangs in den Jahren 1955/56 (KVP / NVA) spezielle mehrmonatige Lehrgänge an der Hochschule für Musik Leipzig in Verbindung mit dem Rundfunkorchester Leipzig durchgeführt. Davon ausgenommen waren die ehemaligen Musikmeister. Später erfolgte die Ausbildung von Dirigenten in der Regel durch ein ordentliches Kapellmeisterstudium
(4-5 Jahre) an einer der Musikhochschulen (Berlin, Leipzig, Dresden, Weimar). Diese anspruchsvolle Form des Studiums garantierte allseitig und fachlich hervorragend ausgebildete Kapellmeister.
Junge, begabte Militärmusiker wurden zum Studium delegiert und erhielten während des Studiums weiter volles Gehalt. Nach Ablegung des Kapellmeisterstaatsexamens (Diplom) wurden die Absolventen zum Leutnant ernannt und als Chef eines SMK) eingesetzt. Die ersten Absolventen waren 1965 Leutnant Hans-Jürgen Rohland vom Stabsmusikkorps der Landstreitkräfte Leipzig, Studium an der Musikhochschule Leipzig, der dann die Leitung des Stabsmusikkorps der Grenztruppen Erfurt übernahm und 1966 Leutnant Werner Kunath vom Stabsmusikkorps der Grenztruppen Erfurt, Studium an der Musikhochschule Weimar, der als Leiter zum Stabsmusikkorps der Landstreitkräfte Leipzig versetzt wurde. In der Folgezeit absolvierten noch 18 Militärmusiker ein Kapellmeisterstudium an einer der Musikhochschulen der DDR.
1980 bot sich die Möglichkeit, fünf Militärmusiker zum Studium an die Fakultät für Militärdirigenten des Moskauer Tschaikowski-Konservatoriums zu delegieren. Da aus den MK / SMK keine Musiker daran Interesse zeigten, sie bevorzugten ein Studium an den Musikhochschulen der DDR, wurden fünf Absolventen der Militärmusikschute Prora für das Studium in Moskau gewonnen. Das Studium dauerte sechs Jahre, einschließlich einem Vorbereitungsjahr. 1986 kamen Absolventen zurück und wurden mit den Dienstgraden Oberleutnant/ Hauptmann als Musikoffiziere eingesetzt:
Diese jungen Dirigenten konnten nur kurze Zeit wirksam werden, da die NVA 1990 aufgelöst wurde.
Die Chefdirigenten der Stabsmusikkorps und des Zentralen Orchesters der NVA konnten auf Grund hervorragender künstlicher Leistungen und mehrjähriger Praxis als Orchestererzieher nach dem Kulturrecht der DDR vom Minister für Kultur zum Musikdirektor (MD) und Generalmusikdirektor (GMD) ernannt, werden. (Staatstitel, zum Namen zu tragen.) Für die Leiter der Musikkorps traf das nicht zu. Im Bereich des Ministeriums des Innern / Polizei konnte der Chefdirigent des Zentralen Orchesters zum MD und GMD ernannt werden und ab 1983 hatten auch die Leiter der Standortmusikkorps des MDI die Möglichkeit der Ernennung zum MD.
Dienstablauf
Die Grundlage für die Dienstplanung bildete das Ausbildungsprogramm für die MK / SMK / ZO. Die darin vorgegebene jährliche Stundenzahl wurde in den Orchestern nach Monaten und Wochen unter Berücksichtigung der dienstlichen Belange aufgeschlüsselt. Dadurch bestand die Möglichkeit, die tägliche Dienstzeit variabel zu gestalten, da nicht alle Einsätze lange voraus planbar waren (z.B. Betreuung bei Truppenübungen, Trauerzeremonielle, Minister- oder Staatsempfänge usw.)
Der normale tägliche Dienstablauf glich im wesentlichen dem eines Zivilorchesters:
8.00 Uhr Dienstbeginn mit Einblasen/ Registerproben, 9.00 Uhr Orchesterprobe, nach der Orchesterprobe individuelles Studium, Registerproben, Proben kleiner Besetzungen, Big Band usw. Es war gestattet, das individuelle Studium / Einzelüben auch zu Hause durchzuführen.
Für Einsätze, z.B. am Wochenende, wurde entsprechende dienstfreie Zeit gewährt. In dieser Entscheidung war der Leiter als Kommandeur relativ selbständig. Monatlich sollten laut Weisung des Ministeriums zwei freie Wochenenden eingeplant werden. Das konnte auf Grund der Einsatztätigkeit nicht immer eingehalten werden und wurde durch freie Wochentage abgegolten
Das ab 1.1 2.1970 geltende Ausbildungsprogramm beinhaltete für ein Ausbildungsjahr (jeweils vom 1.12. bis 30.11. des nächsten Jahres) folgende Stundenzahlen für die einzelnen Ausbildungsbereiche
Musikfachliche Ausbildung - 900 Stunden (Proben, Einsätze, usw.)
Gesellschaftswissenschaftliche Weiterbildung -168 Stunden,
Schutzausbildung 6 Stunden
Schießausbildung (Schützenwaffen) - 15 Stunden
Dienstvorschriften - 8 Stunden
Sport - 24 Stunden
Musikexerzieren - 10 Stunden
Dazu kamen noch einige Stunden Sanitätsausbildung (im Programm nicht aufgeführt).
Der absolute Schwerpunkt lag also selbstverständlich bei der militärmusikalischen Tätigkeit. Die vorgegebenen 900 Stunden für musikalische Ausbildung / Dienste entsprachen nicht der Realität. Diese Zeiten wurden in jedem Jahr weit überschritten. Außerdem mussten noch die durch die Einsätze bedingten Fahrtzeiten in die Dienstplanung einbezogen werden. Für eine vertretbare Lösung dieser Probleme waren die Orchesterleiter verantwortlich. Für die Durchführung der Gesellschaftswissenschaftlichen Weiterbildung war es vorteilhaft wenn der
Orchesterleiter selbst als Schulungsgruppenleiter bestätigt war. Dadurch brauchte kein fremder Offizier heran gezogen werden. Das Ausbildungsprogramm für die GWW wies weniger Stunden auf, als im Ausbildungsprogramm für die MK angegeben war. Alle Maßnahmen (Lektion, Seminar, Selbststudium) wurden detailliert in den monatlichen Dienstplänen aufgeschlüsselt. Die korrekte Realisierung war oft durch andere anfallende dienstliche Aufgaben nicht zu gewährleisten. Selbststudium auf diesem Gebiet wurde meist zu Hause durchgeführt.
Repertoire / Programmgestaltung
In den 50er Jahren konnten die Militärorchester nur auf das noch vorhandene frühere Notenmaterial für Blasorchester zurückgreifen. Sie waren darauf angewiesen, mit diesen mehr oder weniger guten Druckarrangements ihre Programme zu gestalten.
Die dadurch bedingte teilweise veraltete Titelauswahl und auch Form, Anlage und Satzweise der Arrangements / Bearbeitungen genügten bald nicht mehr den Ansprüchen der Orchester und des Publikums.
Aus dieser beengenden Situation heraus entstanden verhältnismäßig schnell neue Arrangements und nach und nach neue Originalkompositionen für Blasorchester.
Auch bei Komponisten des sinfonischen Bereiches und der Unterhaltungsmusik wuchs zunehmend das Interesse an konzertanter Blasmusik.
Neue Stilelemente der sinfonischen und der Unterhaltungs- und Tanzmusik fanden Eingang in Kompositionen und Arrangements.
Außerdem bereicherten auch neu geschriebene, exzellent instrumentierte Transkriptionen (kulturelles Erbe, Opern- und Operettenliteratur, Schlagerhits usw.) das Repertoire.
Einige junge begabte Militärmusiker qualifizierten sich durch Studium und Praxis zu hervorragenden Arrangeuren.
Es ist bedauerlich, dass bei der Auflösung der MK 1990 viele der Spezialarrangements verloren gegangen sind.
Ein Anzahl der anspruchsvollsten Kompositionen sind allerdings nach der Wende in westdeutschen Musikverlagen im Druck erschienen, oft unter anderem Titel.
Richtungsweisende Bedeutung als Initiatoren und auch durch eigene Kompositionen hatten in diesem Entwicklungsstadium der Leiter des Zentralen Orchesters der Polizei (MdI), Oberst MD Willi Kaufmann und der Leiter des zentralen Orchesters der NVA, Major MD Hans-Helmut Hunger sowie dessen Nachfolger Oberst GMD Gerhard Baumann. Bei der gesamten Repertoiregestaltung orientierten sich die MK / SMK an der Arbeit des Zentralen Orchesters und auch am Rundfunkblasorchester Leipzig als führendes Berufsblasorchester des zivilen Bereiches.
Natürlich wurde das Repertoire zum Teil auch durch die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR beeinflusst.
Bei besonderen staatlichen Anlässen / Veranstaltungen durften also einige “fortschrittliche sozialistische“ Titel nicht fehlen. Dementsprechend war dann die Programmkonzeption gestaltet.
Für alle anderen Veranstaltungen wurde das nicht so eng genommene direkte Auflagen gab es dafür nicht, sie wurden nicht reglementiert.
Es wurde das gespielt, was der jeweiligen Veranstaltung angemessen war (Volksfeste, Betriebsfeste, Frühschoppen, Festumzüge, Unterhaltungskonzerte, festliche Konzerte, Konzerte in Truppenteilen usw.).
Die plakativen Vorgaben wurden nur da von den MK / SMK berücksichtigt, wo es erforderlich war. Es wäre z.B. abwegig gewesen, in einem Nachmittagskonzert im Leipziger Zoo oder einem Hafenkonzert in Rostock eine Arbeiterliederfolge zu spielen.
Das galt auch für die Programmgestaltung bei Veranstaltungen in Truppenteilen.
Eine Besonderheit der Militärorchester der NVA und auch der Orchester des MdI war der vielfältige Einsatz von Sängerinnen / Sängern in den Programmen. Neben den- orchestereigenen Gesangssolisten (Zivilbeschäftigte) wurden oft namhafte Sängerinnen und Sänger aus Opern- und Operettenhäusern verpflichtet. Auch das Einbeziehen von Ballettsolisten, Ballettgruppen, Chören, Artisten und bekannten Moderatoren von Funk und Fernsehen sowie von Schlagerstars war üblich. Das SMK der Volksmarine Rostock verfügte über eine ausgezeichnete orchestereigene Shanty-Gruppe. So entstanden bunte, abwechslungsreiche Programme mit Estradencharakter, die sich großer Beliebtheit bei dem Publikum erfreuten und auch für die Musiker interessant und anregend waren.
Zwischen Komponisten / Arrangeuren und den Militärkapellmeistern entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit. Dadurch konnte ein fruchtbringendes Auftragswesen entstehen. Die Wünsche der Orchester und die Intentionen der Komponisten / Arrangeure konnten weitgehend berücksichtigt werden. Das persönliche Verhältnis ermöglichte ein für beide Seiten konstruktives Schaffen neuer Repertoiretitel.
Diese Initiative wurde von staatlicher Seite begrüßt und gefördert. Die entsprechenden notwendigen Finanzmittel stellte das Ministerium für Verteidigung bereit. Die Summen wurden in den Jahresfinanzplänen der Orchester fixiert.
Die Chefs der Stabsmusikkorps als unmittelbar den Kommandos der Teilstreitkräfte Unterstellte hatten in dieser Beziehung für ihre MK die nicht immer leichte Verantwortung.
Neue Kompositionen wurden den Orchesterleitern in regelmäßigen Diskussionskonzerten (Komponistenwerkstätten) in Anwesenheit der Komponisten / Arrangeure vorgestellt. Diese Veranstaltungen fanden großen Anklang und trugen wesentlich zur Verbreitung der neuen Werke bei. Dazu lud man auch verantwortliche Kulturoffiziere ein. Die Komponisten waren an diesen Konzerten / Werkstätten sehr interessiert, da sie dabei selbst ihr Schaffen vertreten konnten. Durch Gespräche mit den zukünftigen Interpreten über ihre Werke bekamen sie enge Verbindung zur Praxis.
Probleme bereitete damals die Vervielfältigung des Notenmaterials der neuen Werke, um den Bedarf der Orchester einigermaßen decken zu können. Die üblichste Methode war das Abschreiben. Eine andere, aber verhältnismäßig teure Art war das Fotokopieren.
Erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre standen als Ausnahme Kopiergeräte zur Verfügung.
Die Musikverlage der DDR brachten nur begrenzt Blasmusikliteratur heraus. Die Druckkapazitäten der einzelnen Musiksparten (Schulwerke, Kammermusik, sinfonische Werke, Unterhaltungs- und Tanzmusik, Blasmusik usw.) waren prozentual festgelegt und streng limitiert.
Blasmusikausgaben hatten keinen Vorrang. Gedruckt wurden vorwiegend Titel aus dem Gebiet der Unterhaltungsmusik, Märsche, Polkas usw.. Anspruchsvollere konzertante Kompositionen und Spezialarrangements kursierten in der schon genannten Weise.
Musikverlage, die Blasmusik edierten:
Harth Musik Verlag Leipzig,
VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag Leipzig (VEB = Volkseigener Betrieb),
VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig,
VEB Lied der Zeit Berlin,
Verlag neue Musik Berlin,
Zentralhaus für Kulturarbeit Leipzig.
Kompositionen aus der damaligen Sowjetunion, aus Polen, aus Tschechien, der Slowakei, aus Ungarn, Bulgarien und Rumänien wurden neu bearbeitet (Transkriptionen) und gern übernommen. Die lebensvolle Folklore dieser Länder bedeutete eine Bereicherung des Repertoires, gab die Möglichkeit, die Programme interessant und abwechslungsreich zu gestalten.
Notenmaterial von westdeutschen Musikverlagen war offiziell nicht zu erhalten. Da aber bekannte Titel / Hits vom Publikum gewünscht wurden und auch von den Orchestern gern in die Programme aufgenommen wurden, behalf man sich mit deren Bearbeitungen, die oft besser waren als die Druckarrangements der Verlage (z.B. Melodien aus „My fair Lady“, Beatles-Medley, Latinotitel, Schiwago-Melodie und andere Filmmelodien, Spitzenschlager usw.).
Von vorgesetzten Dienststellen wurde das meistens stillschweigend geduldet, sofern sie überhaupt von der Programmgestaltung bei Konzerten Kenntnis nahmen. Auch bei Veranstaltungen in Truppenteilen wurde das praktiziert und hatte bei den jungen Soldaten besten Erfolg. Die Rolle des Arbeiterliedes in der Militärmusik der DDR wird oft überbewertet dargestellt. Selbstverständlich gehörten Arbeiterlieder zum Repertoire der Militärorchester. Programmgestalterische Bedeutung hatten sie jedoch vorwiegend bei Festveranstaltungen und ähnlichem anlässlich bestimmter staatlicher und politischer Feier- und Gedenktage, z.B. Tag der Republik am 07. Oktober, 01. Mai, Tag der Opfer des Faschismus am 09. September, militärpolitische Großveranstaltungen usw. In allen anderen Konzertprogrammen spielten sie keine Rolle.
Ende der 40er Jahre bis etwa Mitte der 50er Jahre bestand gegen die alten Militärmärsche noch eine gewisse Voreingenommenheit, die teilweise bis zur Ablehnung ging (Staats- und Parteifunktionäre, Teile der Bevölkerung). Trotzdem wurden schon zu dieser Zeit viele der beliebten alten Märsche von den ehemaligen Musikmeistern mit ihren Musikkorps wieder gespielt, Verboten waren sie offiziell nicht. Unerwünscht waren staatlicherseits lediglich „Preußens Gloria, „Fridericus Rex und der „Badenweiler (Badonviller) Marsch“. Mit der Wiederbelebung alter deutscher militär-musikalischer Traditionen Anfang der 60er Jahre wandelte sich auch die Einstellung zu den alten Militärmärschen in den Teilen der Bevölkerung, die ihnen bis dahin noch skeptisch gegenüber gestanden hatten.
Im Laufe der Zeit entstanden darin auch neue Marschkompositionen.
Davon einige Beispiele:
Straßenmarsch Nr. 1 Willy Schade
Parademarsch Nr. 1 Heinz Schulz
Silvianer-Marsch Heinz Schulz
Neues Leben Siegmund Goldhammer
Unsere Volkspolizei Willi Kaufmann
Hand in Hand Gerhard Thürmer
Stadion-Marsch Otto Wagner
Unsere Luftstreitkräfte Martin Haftwig
Lebensfreude Hans-Helmuth Hunger
Unsere Volksmarine Ludwig Schmidt
Tritt gefasst Siegfried Bethmann
Ihren Platz im Konzert hatten die Märsche, alte wie neue, wieder gefunden und behauptet.
1974 gab das Ministerium ein Marschbuch mit 28 Märschen heraus, das einige Traditionsmärsche und bekannte Märsche der östlichen Partnerarmeen enthielt. In Neubearbeitungen erschienen einige Märsche mit alten Soldatenliedern im Trio (z.B. „Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren. „Zehntausend Mann, die zogen ins Manöver“).
Einsatztätigkeit / Wirksamkeit
Die dienstlichen Einsätze der MK / SMK / ZO wurden in der Regel durch die vorgesetzte Dienststelle (Ministerium, Kommandos der Teilstreitkräfte, Offiziershochschulen, Divisionen, Flottillen) vorgegeben.
Im Spielbereich der MK / SMK vereinbarte der Leiter des MK / SMK mit den Kommandeuren der betreffenden Truppenteile / Einheiten oft selbst die Einsatztermine.
Veranstaltungen im zivilen Bereich durchzuführen lag in der Befugnis der Leiter.
Dienstliche Einsätze
Militärische Zeremonielle wie
Appelle / Fahnenverleihungen,
Vereidigungen,
Beerdigungen / Trauerparaden,
Großer Wachaufzug
Großer Zapfenstreich
Ehrenparade.
Alle Zeremonielle verbanden militärische Tradition mit neuem ideologischem Inhalt, der dem Charakter des Staates entsprach.
Vereidigungen fanden in den Kasernen, oft aber auch in der Öffentlichkeit statt. Die Bevölkerung hatte am Vereidigungstag Zutritt zu den Kasernen.
Bei jedem Vorbeimarsch (Defilee) war Exerzierschritt selbstverständlich. Trageweise und Haltung der Instrumente (Ausgangsposition, Bereitschaftsposition, Spielposition) waren in der DV 30/9/112 – Militärmusikordnung - genau festgelegt.
Der große Wachaufzug fand jeden Mittwochnachmittag in Berlin am Mahnmal für Opfer des Faschismus und Militarismus auf der Allee „Unter den Linden“ statt. Damit wurde eine Tradition wieder belebt, die bei der Bevölkerung großen Zuspruch fand.
Auch Militärangehörige der in Berlin-West stationierten amerikanischen, englischen und französischen Dienststellen waren oft interessierte Zuschauer.
Zu den bedeutendsten militärischen Zeremoniells gehörte der Große Zapfenstreich.
In den Jahren 1960/61 erarbeiteten Heinz Schulz und Ernst Rembach den ersten Großen Zapfenstreich der NVA. Am 01. März 1962, dem Tag der NVA, wurde er erstmalig aufgeführt. Er war eine Verbindung von traditionellen militärischen Zeremoniell-Elementen mit „sozialistischem“ Inhalt.
Ausführende: Musikkorps, Fanfarengruppe, Pauken, Schellenbäume, Ehrenformation, Fackelträger. Dazu wurden stets ein SMK und ein MK oder zwei MK zusammengezogen.
In dieser Form wurde dieser erste Große Zapfenstreich bis 1981 jeweils zum Tag der NVA (01.03.) und zum Tag der Republik (07.10.) in allen Bezirksstädten der DDR durchgeführt.
Am 28. Februar 1981 ‚ dem Vorabend des 25. Jahrestages der NVA, erlebte ein von Oberst GMD Gerhard Baumann, Oberst Klaus Gierth, Oberst Gerhard Schröder und Oberstleutnant Heinz Timm geschaffener neuer und weitaus umfangreicherer Zapfenstreich in Berlin „Unter den Linden‘ seine erste Aufführung.
Alle Neukompositionen und Arrangements schrieb dazu Gerhard Baumann. Dieser neue Große Zapfenstreich blieb fortan Berlin vorbehalten.
In den Bezirksstädten fanden keine Zapfenstreiche mehr statt.
Die gesamte Musik des Großen Zapfenstreiches musste selbstverständlich auswendig gespielt werden.
Am 01. Mai 1956 fand in Berlin die erste Parade der NVA, noch in kleiner Form, nur Fußtruppen statt.
In den folgenden Jahren wurde sie als Ehrenparade zu einem großen militärischen Zeremoniell umformiert und auf den Tag der Republik am 07.10. verlegt. Außer den Fußtruppen waren auch umfangreiche technische Einheiten beteiligt.
Dazu wurden 4 Musikblöcke a 64 Musiker aus ZO / SMK / MK gebildete je Teilstreitkraft Land, Luft, Grenze, Marine ein Block und der verstärkte Spielmannszug eingesetzt.
Bekleidung und Ausrüstung der Musikblöcke:
Paradeuniform, Stiefel, Schwalbennester, Repräsentationsschnur, große Ordensschnalle, Helm, Schellenbäume, Offz.: Feldbinde, Ehrendolche.
(Der Helm der Musiker bestand nicht aus Metall, sondern aus Plaste.)
Der Parade ging ein strapaziöses Training aller teilnehmenden Einheiten von ca. 1 0 Tagen voraus.
Veranstaltungen in Dienststellen der NVA und auch in Dienststellen der Sowjetarmee hatten den Charakter einer Estrade mit Sängerin, Sänger, Artisten und Conferencier.
Konzerte zu festlichen Anlässen boten den Orchestern die Möglichkeit, Blasmusikkompositionen sinfonischer Art zu interpretieren
Große Militärkonzerte mehrerer SMK / MK erfreuten sich bei der Bevölkerung besonderer Beliebtheit.
Gemeinsame Konzerte der MK / SMK der Landstreitkräfte in verschiedenen großen Garnisonsstädten wie Leipzig, Halle, Erfurt, Potsdam waren in kurzer Zeit zu einer guten Tradition geworden.
Gemeinsame Konzerte der SMK der Teilstreitkräfte zu zentralen Anlässen, z. B. Jugendfestivals, Arbeiterfestspiele und auch In den großen Kulturpalästen der DDR hatten besten Erfolg.
Militärmusikalische Höhepunkte bildeten die jährlich zum Berliner Pressefest stattfindenden gemeinsamen Großkonzerte der Zentralen Orchester der NVA, der Sowjetarmee aus Wünsdorf, der Polnischen Armee, der Tschechoslowakischen Volksarmee, der Rumänischen und Bulgarischen Volksarmee.
„Tage der Militärmusik“ fanden in Abständen in Neubrandenburg (Militärbezirk V) statt. Beteiligt waren immer mehrere MK und SMK.
Auf dem Programm standen Konzerte und ein Marschmusikwettbewerb.
Auslandstourneen waren den SMK und dem ZO vorbehalten. Die Möglichkeiten der SMK beschränkten sich auf die damals sozialistischen Staaten. Das ZO unternahm außerdem Konzertreisen nach Jemen, Mocambique, Madagaskar und auch nach Kuba.
Absolute Spitzenleistung waren die damals in der Militärmusik in ihrem Schwierigkeitsgrad wohl einmaligen Musikparaden (Rasenshow). Erstmalig wurde diese Musikparade 1969 zu den 11. Arbeiterfestspielen im Bezirk Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz) aufgeführt. Bis auf zwei MK (Bereitschaft für Beerdigungen usw.) und das ZO waren alle MK / SMK daran beteiligt.
51 verschiedene Lieder, Märsche, Motive und Signale waren auswendig zu spielen und je Militärmusiker etwa 150- 170 verschiedene choreografische Bewegungselemente zu beherrschen (Direktionsstimme und Choreografieplan liegen noch vor). Gesamtdauer 75 Minuten.
Bis 1971 gestalteten ca. 500 Militärmusiker diese Monstershow, von ihnen ironisch „Militärmusikballett genannt.
1972 wurde eine neue veränderte Fassung erarbeitet, an der 600 Musiker beteiligt waren.
Wegen des immensen Kraft- und Zeitaufwandes wurde die Musikparade 1978 zum letzten Mal aufgeführt.
Insgesamt gab es in 8 Jahren( immer zu den Arbeiterfestspielen) 42 Aufführungen in 39 Städten.
In Sachsen in den ehemaligen Bezirken:
Karl-Marx-Stadt / Chemnitz 1969
Zwickau, Plauen, Aue, Chemnitz, Leipzig 1971
Borna ‚ Döbeln ‚ Altenburg, Leipzig, Dresden 1976
Görlitz, Riesa ‚ Dresden, Pirna, Freital, Zittau ‚ Bautzen.
Ziviler Bereich
Großer Wert wurde der Präsenz der Militärorchester in der Öffentlichkeit zugemessen. Dadurch lebte eine gute alte Tradition wieder auf. Die Militärmusik erreichte eine hohe Popularität bei der Bevölkerung. An bekannten Ausflugsorten und in den Zentren der Garnisonsstädte fanden regelmäßig Militärkonzerte statt, die große Resonanz hatten:
z.B. Leipziger Zoo, Tierpark Berlin, Brühlsche Terrasse Dresden, Gartenbauausstellung Erfurt, Rostocker Hafen, Peißnitzinsel Halle, Freundschaftsinsel Potsdam usw..
(Für das ZO und die SMK wurde die Veranstaltung von traditionellen Militärkonzerten mit Angabe der Orte in der Ergänzung Nr. 1 vom 01.091968 zur DV-1 0/13, Militärmusikordnung aufgenommen.)
Auftritte zu zentralen Veranstaltungen wie Sportfeste, Jugendfestivals, Arbeiterfestspiele usw.
Betriebskonzerte,
Konzerte zu Betriebsfesten (oft mit Tanzmusik),
Schulkonzerte,
Rentnerkonzerte (Volkssolidarität),
Kurkonzerte in Erholungszentren,
Veranstaltungen zu Pressefesten,
Jugendweihefeiern
Stadt- und Dorffeste,
Veranstaltungen mit der Konzert- und Gastspieldirektion.
Mit dem Zentralen Orchester und den Stabsmusikkorps produzierten die Sender des Rundfunks zahlreiche Studioaufnahmen, Originalübertragungen und Mitschnitte von Veranstaltungen. Die Sendereihe des Fernsehens „Von Polka bis Parademarsch“ war ausschließlich der Militärmusik vorbehalten.
In begrenztem Maße wurden auch Schallplatteneinspielungen produziert. Zunehmend gewann auch das kammermusikalische Musizieren in den Orchestern an Bedeutung. In den Besetzungsformen des klassischen Bläserquintetts und in verschiedenen anderen Holz- und Blechbläsergruppen wurden z.B. literarisch-musikalische Programme, unter Einbeziehung bekannter Schauspieler als Sprecher, gestaltet. Die meisten MK / SMK hatten hervorragende Tanzmusikformationen in verschiedensten Besetzungen (z.B. die Big Band des SMK der Landstreitkräfte Leipzig).
Die Einsätze für die Armee und für den Zivilbereich können nicht immer exakt abgegrenzt werden, da viele Veranstaltungen, die von den vorgesetzten Dienststellen angewiesen wurden, in der Öffentlichkeit stattfanden.
Durch die rege Einsatztätigkeit waren die Orchester sehr beansprucht. Um die Probenarbeit durch die Vielzahl der Einsätze nicht zu beeinträchtigen, versuchten die Leiter der Orchester vor allem die kleineren dienstlichen Einsätze soweit wie möglich einzuschränken, da eine kontinuierliche Leistungssteigerung eben nur durch intensive Probenarbeit zu garantieren war.
Es konnte erreicht werden, dass z.B. Vereidigungen kleinerer Einheiten zusammengelegt wurden. Unter den Orchestern war es üblich, Beerdigungen, Vereidigungen u. ä. gegenseitig abzunehmen.
Das Verständnis der Vorgesetzten dafür war unterschiedlich.
Pflichtmärsche, die von allen MK / SMK auswendig beherrscht werden mussten:
Marsch des Yorkschen Korps von L. v. Beethoven
Laridah von Max Hempel
Jubelklänge von Ernst Uebel
Parademarsch Nr. 1 von Heinz Schulz
Straßenmarsch Nr. 1 von Willy Schade
Stadion-Marsch von Otto Wagner
Silvianer-Marsch von Heinz Schulz
Präsentiermarsch der NVA von Alfred Pechau
Dazu:
Nationalhymne der DDR,
Nationalhymne der Sowjetunion,
Brüder zur Sonne, zur Freiheit,
Internationale.
Die Militärmusik der DDR erreichte ein beachtlich hohes künstlerisches Niveau, leistete eine umfangreiche und wirksame Tätigkeil und war bei einer großen Vielseitigkeit des Repertoires sehr populär in der Armee und in der Öffentlichkeit. Sie übte auch positiven Einfluss auf die Profilierung des Amateurblasmusikwesens der DDR aus.
Wie in allen anderen Ländern war auch das Militär und damit die Militärmusik der DDR dem Statt verpflichtet. In diesem Bericht, aus der Sicht eines langjährigen Militärkapellmeisters geschrieben, wird allerdings auch dargestellt, wie die Militärorchester in der Praxis offizielle Auflagen für hie Tätigkeit auslegten (z.B. Dienstzeit, Programmgestaltung Einsatztätigkeit im Zivilbereich usw.).
Neben dem Zentralen Orchester und den Stabsmusikkorps verdienten die Musikkorps besondere Anerkennung, die mit ihrer 28-Mann-Besetzung hervorragende musikalische Arbeit leisteten.
Diese Artikelserie kann nur eine allgemeine Übersicht über die Militärmusik der DDR geben. Der Rahmen gestattet nicht, auf spezifische Details näher einzugehen.
Ausgabe 02 / 2005 | Artikel 18
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